Eberswalder Notizen
Die große und kleine Welt in der Provinz






Schellengrund eröffnet





Ostern mit Zicklein





Neues aus der Stadtpolitik





Viel Platz für neue Eigenheime







Geschenke passend machen ...


Zeichnung: Hans Blahm, Eberswalde





Neues aus dem Zoo





Die Freundschaft lässt nach ...







Wie weiter mit dem "Kleinen Stern"?





Der Herbst naht ...



Ein Wort zum Wetter

16. Juli 2023: Jeder kennt es, jeden betrifft es und wenn man mal sich wirklich nichts zu sagen hat, übers Wetter kann man immer reden, wie Helmut Kohl und Erich Honecker seinerzeit. Zum Beispiel gestern: abends um 20 Uhr waren es immer noch 30 Grad - an Lüften war noch nicht zu denken - während das noch Kinkerlitzchen gegen Griechenland sind, wo es tagelang 39 Grad heiß wird und früh am Morgen immer noch 25 Grad sind. Hier in Brandenburg waren es heute morgen 22 Grad, also tropisch, die Nacht hatte es geregnet, und wer jetzt in den Wald ging, holte sich seine Packung Mückenstiche ab.

Passend zur Jahreszeit, wird diskutiert über Hitzefolgen und Klimaanpassung. Hitze-Notfallpläne sollen erstellt werden und das Wort „Lockdown“ wurde noch sorgfältig vermieden. In südlichen Ländern ist der Lockdown durchaus üblich. Nur nennt er sich dort „Siesta“ und erfolgt täglich zwischen 11 und 17 Uhr. Dann kehrt am Abend Leben in die Straßen ein, während in Deutschland bekanntlich zur selben Uhrzeit die Bürgersteige hochgeklappt werden. In Spanien, in Griechenland, in Israel, da ist Hitze selbstverständlich und die Leute gewöhnen sich daran, auch wenn sie Exilanten aus Russland sind. Und für die kritischen Bereiche, wie Krankenhäuser und Altenheime sind Klimaanlagen selbstverständlich. Selbst Privathaushalte lassen sich oft eine einbauen.

Was spricht also dagegen, wenn es schon um Hitze und Notfall geht, solche Klimaanlagen in unseren Krankenhäusern einzubauen? Wenigstens in solch kritischen Bereichen, wo man nicht nachts die Fenster weit aufmachen kann? Die Patienten und Pfleger würden es danken. Natürlich, das kostet alles etwas. Aber wie ist das mit der „Würde des Menschen“? Der Personenschutz von Gesundheitsminister Lauterbach kostet auch eine Stange Geld. Wir sprechen hier von Angemessenheit. Ist es angemessen, im „reichen“ Deutschland, nachts bei 30 Grad im Zimmer im eigenen Saft zu schmoren und an Schlaf ist nicht zu denken? Wir sprechen hier von einem Krankenhaus. Dort, wo besonders schutzbedürftige Patienten betreut werden?

Nein, da stellt sich der Geschäftsführer sofort hin und sagt, das sei wirtschaftlich nicht darstellbar und nur wegen 14 Tagen Hitze im Jahr nicht verhältnismäßig. Also müssen Patienten leiden, müssen Schwestern und Pfleger leiden. Bald ist das Thema Hitze wieder durch und man muss langsam ans Heizen denken. Dann geht es wieder ans Eingemachte, nämlich wenn die Energiepreise die Kosten sprengen. Dann reden wir wieder über Wärmedämmung und richtiges Lüften. Wetter ist immer ein Thema. Im Herbst fällen Stürme die Bäume wieder reihenweise und die Stadtförsterei wird Monate brauchen, um die Wege freizumachen. Man sagt, es ist der Klimawandel.

Ist der Klimawandel eine Bedrohung? Müssen sich deshalb verzweifelte junge Leute auf Auto- und Startbahnen festkleben? Hat jemand Schuld am Klimawandel? Sind es wirklich die Autofahrer und Vielflieger, die das Klima reinreiten? Sind es größere geologische Zusammenhänge, die wir noch nicht verstehen? Müssen wir uns deswegen das Leben gegenseitig zur Hölle machen?

Weniger ist mehr! Diese Weisheit sollte jeder beherzigen. Sei es nun bei Wetter- und Klimapanik oder bei Energie- und Ressourcenverbrauch. Und vielleicht kann man ja die Klimaanlage für Station 3 dadurch finanzieren, dass die Konzernspitze für zwei Jahre auf die übliche Gehaltserhöhung verzichtet. Alles eine Frage der Angemessenheit …



125 Jahre Erweckungskirche



Frieden schaffen mit mehr Waffen!

27. Juni 2023: Neben einigen Präsentationen und Vorträgen, darunter der ZWA-Vorsteherin Stefanie Maylahn zum Thema Trink- und Abwasser sowie von Herrn Dr. Kopp (Zweckverband Region Finowkanal) über den Stand der Schleusensanierungen, kamen etliche Bauvorhaben in der Stadtverordnetenversammlung vor der Sommerpause zur Abstimmung. Richtig zur Sache ging es aber erst beim Antrag der LINKEN-Fraktion, den Bürgermeister zu beauftragen, sich im Rahmen des Bündnisses "Mayors for Peace", in dem Eberswalde Mitglied ist, an die Bundesregierung zu appellieren, sich für einen sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine einzusetzen. Zuerst ging es noch um die rechtliche Bewertung, da das Rechtsamt der Stadtverwaltung der Meinung war, hier handele es sich um einen unzulässigen Antrag, weil das die Außenbeziehungen des Staates beträfe. Dem widersprach Volker Passoke energisch (und er als Rechtsanwalt muss das wissen) und betonte, daß man sich sehr wohl mit einem Anliegen an die Bundesregierung wenden kann. Damit mache man noch lange keine Außenpolitik. Und daß der Ukrainekrieg uns nicht als Stadt betreffe, davon kann ja keine Rede sein, unterstrich Sebastian Walter (ebenfalls DIE LINKE). Nachdem die Zulässigkeit der Abstimmung einigermaßen geklärt war, kam es zur inhaltlichen Diskussion. Karin Oehler (Bündnis 90 /Grüne) konnte sich nicht richtig vorstellen, was der Bürgermeister dann zu machen habe. Herr Parys (Die Mitte, ehem. AfD) rief im Gegenteil zu noch mehr Waffenlieferungen in die Ukraine auf, Kurt Fischer (SPD) war der Meinung, das Maximale sei schon von der Bundesregierung versucht worden, Tilo Weingart (AfD) war im Prinzip für diesen Friedensappell, Oskar Dietterle (DIE PARTEI Alternative für Umwelt und Natur) erläuterte historische Ursachen des Konfliktes, als just in dem Moment, als er die Verbrennung von friedlichen Demonstranten im Gewerkschaftshaus von Odessa im Jahre 2014 ansprach, seine Übertragung aus dem Home Office gestört war und anschließend Götz Trieloff (FDP) das Ganze als russische Desinformation abqualifizierte. Es gab noch weitere Wortmeldungen, aber Carsten Zinn (ebenfalls im Home Office), beantragte das Ende der Debatte, dem die meisten folgten und es kam zur Abstimmung: 10 Stadtverordnete stimmten für den Antrag, 11 dagegen, bei mehreren Enthaltungen. Damit kam kein Friedensaufruf aus Eberswalde zustande, den schon 42 Kommunen in Brandenburg und über 800 Städte und Gemeinden in der ganzen Bundesrepublik beschlossen hatten, wie Frau Oehler recherchierte. Als Quintessenz formulierte Sebastian Walter sinngemäß ein Zitat von Erich Maria Remarque an die Gegner des Antrages: "Ich dachte immer, alle seien gegen den Krieg. Bis ich mitbekam, viele sind dafür. Denn sie müssen ja nicht hingehen."



Schorfheideplatz fertig



Licht und Schatten bei der Wohnungsssuche

12. Juni 2023: In einer tagesaktuellen Stichprobe bei einem großen Immobilienportal erhielt man 42 Wohnungsangebote unter einer Kaltmiete von 730 EUR in einem Radius von 20 km um Eberswalde herum. Die Kaltmiete pro Quadratmeter bewegte sich dabei von 5,77 EUR (Melchow) bzw. 5,63 EUR (Bad Freienwalde) bis 10,48 EUR (Eichhorst) bzw. zu 12,55 EUR kalt für eine neu sanierte Altbauwohnung in der Schöpfurter Str. in Eberswalde. Dies sind aber absolute Ausreißer im Angebot. Die Quadratmeterpreise (kalt) bewegen sich sonst zwischen sechs und sieben Euro, wenn man auf große Gesellschaften schaut, z.B. TAG im Brandenburgischen Viertel (unter 7 EUR) oder ebenda und in Finow die 1893 eG (auch unter 7 EUR), wobei die Genossenschaft auch eine 54 qm Wohnung im Leibnizviertel für 510 EUR kalt anbietet, was nach Adam Riese 8,36 EUR kalt pro qm ergibt. Sogenannte "Citylage".

Die hochwertigen Altbauten der WHG Eberswalde sind jedoch Bahnhofslage, ein Pluspunkt der sich auch im Preis widerspiegelt. Dazu frisch saniert, ruhig gelegen und für Berliner ein Schnäppchen, so das Kalkül, das oft aufgeht. Bei privaten Angeboten sowie von solchen exotischer Immobilienfirmen muss man schon tiefer in die Tasche greifen. So geht eine 3-Zi-Wohnung in der Erich-Mühsam-Str. im Eberswalder Villenviertel nur über 9 EUR kalt weg oder zum Beispiel eine 2-Zi-Wohnung in der Triftstraße in Westend für 9,55 EUR (Stadtvilla) bei 66 qm. Etwas für den gehobeneren Geldbeutel. Wohltuend fällt auf, daß offenbar in Bad Freienwalde der Markt noch nicht so überhitzt ist und man für einen kleinen Geldbeutel doch eine größere Wohnung mieten kann. Dies kann man übrigens auch bei der 1893 eG in Eberswalde, allerdings unter der Bedingung eines Wohnberechtigungsscheines. Dort im Brandenburgischen Viertel saniert die Genossenschaft gerade fünf Plattenbauten des Hallenser Typs (Baujahr 1979) und hat teilweise jeweils zwei Wohnungen zusammengelegt und im Grundriss verändert. Für Familien mit Kindern.



West-Paket-Annahme geschlossen



Normal ist das nicht

23. Mai 2023: Nun gehen die Kämpfe im russischsprachigen Donbass schon in den fünfzehnten Monat und nach heftigen Gefechten erklärt der russische Aggressor die Stadt Bachmut für "befreit". Die Verteidiger, die ukrainische Armee, halten noch ein paar Siedlungsobjekte und behaupten, "Teile der Stadt" seien noch unter ihrer Kontrolle. Aber das sind nur noch semantische Fragen. Durch die Erklärung der Stadt zur Festung hat es Kiew geschafft, die urbanen Flächen in eine apokalyptische Mondlandschaft verwandeln zu lassen. So wie es Hitler mit Königsberg und Breslau geschafft hat. Schuld daran hat und hatte natürlich der Russe! Man stelle sich vor, die Russen wollten Eberswalde erstürmen, vorneweg mit ihren besten Einheiten, die aus Kriminellen bestünden. Natürlich würde sich die Bundeswehr mit ihren Maschinengewehren und Panzerabwehrstellungen in den oberen Stockwerken der Wohnblöcke einquartieren, meinetwegen in der Brandenburger Allee oder der Robert-Koch-Straße, und die Bewohner zögen freiwillig in den Keller und versorgten die Helden mit warmer Mahlzeit vom Spirituskocher. Was würde passieren? Wie lange würde es dauern, bis die oberen Stockwerke einige Treffer abbekämen und das Haus abbrennen würde? Natürlich müsste man dann die nächste Stellung aufbauen, vielleicht in der Cottbuser Straße oder der Grabowstraße. Und das schreckliche Spiel würde von neuem beginnen. Wie lange würde es dauern, bis die Stadt komplett zerstört wäre? Einfacher wäre es, gleich die Stadt mit Flugzeugen zu bombardieren, damit nichts für die "Barbaren" übrigbleibt. Doch wer würde wirklich so etwas Schreckliches tun? Nun, es taten deutsche Faschisten im April 1945, zwei Wochen vor der bedingungslosen Kapitulation.

Der Führer der "freien Welt" stellt sich hin und feiert öffentlich den Tod von 100.000 Russen in der Schlacht um Bachmut als einen Erfolg. Abgesehen davon, daß wahrscheinlich davon die Hälfte Ukrainer waren, hätte eigentlich sofort ein Krankenwagen erscheinen und nette weiße Herren den Präsidenten zum Einsteigen bitten müssen. Ein deutscher CDU-Politiker stellt sich hin und fordert, daß die Regierung, so wie die Briten es gerade tun, Marschflugkörper deutscher Produktion für die "Verteidigung der Ukraine" zur Verfügung stellt. Angenommen, so ein "Taurus"-Geschoss käme durch die russische Luftabwehr, was soll mit dem Ding passieren? Soll es "irrtümlich" vom Weg abkommen und einen ostukrainischen Kindergarten treffen, in dem 33 unschuldige kleine Kinder spielen? Wer will dann für die 33 kleinen Engel verantwortlich sein, die von ihren Eltern betrauert werden? Der CDU-Mann wüsche seine Hände in Unschuld.

Nein, Krieg ist nicht normal! Und Papst Franziskus mahnt, man darf sich nicht an ihn gewöhnen. Wer hat hier nun den Verstand verloren? Der, der sich für sofortigen Waffenstillstand ausspricht oder der (besser gesagt die), die sich für die Lieferung von F-16-Kampfjets an die Ukraine einsetzt? Womit kann man Menschenleben retten? Mit weiteren Mordwerkzeugen? Es geht hier nicht um Leben und Freiheit. Es geht einzig allein um Macht und Machteinfluß. Da wird kein Fußbreit aufgegeben, egal ob hunderttausende dabei sterben. Die, die weitere Mordwaffen fordern, müssten eigentlich sofort in Behandlung, am besten gleich in eine gut gesicherte Forensikabteilung eines psychiatrischen Krankenhauses.

Gut, damit kann Eberswalde dienen ...



Unser Kranbau muss bleiben!



Diskussion nicht erwünscht

13. Mai 2023: Wie man online und audio verfolgen konnte, gab es auf der letzten Sitzung der Stadtverordneten einige kritische Themen zu besprechen, zum Beispiel die Rettung des Kranbaus, die Zukunft des EKZ "Kleiner Stern", die geplante Wasserbewirtschaftung in der Altstadt oder die Planungen zum Oberschulstandort an der Eberswalder Straße. Zu letzterem gab es zwei Wortmeldungen, bevor der Beschluss mehrheitlich gefasst wurde. Herr Dietterle aus der Clara-Zetkin-Siedlung, Stadtverordneter, gab sich mit der Erklärung von Frau Fellner, Baudezernentin, nicht zufrieden, daß den Gesetzesvorgaben zum Abstand der Schule zur 380 KV-Hochspannungsleitung genüge getan wurde und bestand darauf, sich nicht das kritische Kümmern um die Gesundheit der Schüler aus den Händen nehmen lassen zu wollen. Carsten Zinn, ebenfalls Stadtverordneter, bemängelte den Standort Eberswalder Straße überhaupt und prognostizierte ein gehöriges Verkehrschaos, wenn dieser Bildungscampus Finow in Betrieb geht.

Herr Dietterle kritisierte ebenso ein geplantes Wasserkraftwerk an der Schwärze als unökologisch und schädlich für die Wasser-Fauna, sprich die Fische und Enten. Die Bauderzentin versicherte, es werde darauf geachtet, keine naturschädliche Technik einzubauen und außerdem seien die Planungen dazu erst ganz am Anfang. Mit der Wasserbewirtschaftung in der Altstadt soll auch das Problem der regelmäßigen Überflutungen der Ruhlaer Straße angegangen werden.

Ein anderes Thema, nämlich eine Resolution der Stadtverordneten zum Erhalt des Kranbaus, kam gar nicht erst zur Diskussion bzw. zur Abstimmung, da die einreichende FDP/BFB-Fraktion bestimmte Änderungswünsche anderer Fraktionen nicht befürwortete bzw. darüber keine Diskussion wünschte. Dies waren unter anderem die Forderung nach einer Garantie für den Erhalt der Arbeitsplätze und tarifgerechte Entlohnung. Das war also indiskutabel. Der Bürgermeister wollte sich zum Thema noch nicht konkret äußern und bat um Verständnis, da alles noch in der Schwebe sei und man keine Investoren vergraulen wolle. Wie die aktuelle MOZ mitteilte, bewege sich mittlerweile etwas zur Rettung des Traditionsbetriebes, aber, so wurde der Betriebsratsvorsitzende zitiert, die "Kuh sei noch nicht vom Eis".

Frau Charlotte Canditt, Vorsitzende des Seniorenbeirats, nahm die Gelegenheit wahr, eine Anfrage zur Zukunft von KAUFLAND am Kleinen Stern an die Stadtverwaltung zu richten, das, so rumort es unterm Volk, im Oktober nach Finowfurt umziehen will. Prof. Dr. König, Wirtschaftsdezernent, konnte leider keine konkreten Auskünfte geben, außer daß KAUFLAND sich jegliche Spekulationen verbeten habe und selber kommunizieren werde, was wann wo erfolgen wird. Zum Mietverhältnis bekam Herr Ortel (CDU) zur Auskunft, daß es sich um einen befristeten Vertrag handele, der noch einige Jahre am Kleinen Stern laufe, aber, so Prof. König, ein Mietvertrag verpflichte nicht automatisch zur Vorhaltung eines Lebensmittelangebots. Viele Kunden aus Finow und dem Brandenburgischen Viertel werden nur den Kopf schütteln, wenn sie eines Tages ihren geliebten Vollsortimenter nicht mehr haben. Die Stadt jedenfalls ist völlig hilflos.

Offenbar hilflos ist die Stadtverwaltung auch bei der Auftragsvergabe an Baufirmen, die über Ausschreibung erfolgen. Was der eine Stadtverordnete kritisiert (Carsten Zinn) daß zu weit entfernte Firmen oft Pfusch am Bau betreiben und nicht sanktioniert werden können, hält der andere Stadtverordnete (Götz Trieloff) die Einhaltung von Recht und Gesetz bei der Vergabe für wichtiger. Am Ende funktionieren weder die Flutlichtanlage im Westendstadion noch an der Waldsportanlage. Gesetzeskonform.



Die Mühle des Lebens

Der Große Schöpfer nahm seine große Lebensmühle aus dem Rucksack, setzte sich an ein schattiges Plätzchen, knipste seine Erdschaufel vom Gurt und machte sich an die Arbeit. Hier war der Boden nicht so besonders, aber wenn man keinen Löß bekommt, muss man eben märkischen Sand nehmen. Schippe um Schippe wanderte in die Mühle, und der schon altersschwache Gott drehte mühsam die Kurbel. Was würde wohl diesmal herauskommen? In Afrika kamen Elefanten, Antilopen, Giraffen und Hyänen heraus. Und noch viele weitere ihm selbst unbekannte Pflanzen und Tiere. In Nordamerika waren es Büffel, Grizzlybären, Koyoten und Weißkopfseeadler. Sowie hunderte Kräuter der Prärie. In Bayern kamen Berge, Almen, quellklare Flüsse und Milchkühe heraus. Aber hier in der Mark? Es knirschte ziemlich im Mahlwerk, aber schließlich erschienen Kiefern, Moore, Rehe und Wildschweine. Na gut, meinte Gott, bei der Ausgangslage gar nicht so schlecht.

Die letzte Schippe reservierte er sich immer für den Menschen, bevor er ein Nickerchen im Gras machte. In Afrika kamen hochgewachsene Dunkelhäutige heraus, die gerne bunte Kleider trugen. In Amerika waren es stolze Indigene, die große Kulturen aufbauten. Und in Europa? Hier kamen blasse Milch- und Biergesichter hervor, die sich am liebsten ständig gegenseitig bekriegten. Was hat Gott nicht schon mit den Europäern geschimpft: Pest und Cholera, Holocaust und Atombomber hat er ihnen an den Hals gewünscht. Aber werden sie dadurch klug? Die, die noch vor kurzem beteten "Frieden schaffen ohne Waffen!" die wünschen den Ukrainern den Tod durch weitere Mordswerkzeuge. Nein, natürlich sollen die Russen sterben, aber im Endeffekt kommen die Ukrainer ums Leben. Wo hat er bloß die Erde für diese Europäer aufgelesen, fragte sich der Unsterbliche: "Da muss doch vorher der Teufel hingeschi... haben!"

Bei den Märkern sollte alles besser werden. Der Sand war sauber und fast weiß, wie an der Ostsee. Er drehte und drehte, schließlich blockierte die Mühle. Oh, dachte sich der Meister, die stellen sich schon mal bockig an und holte sein "Schmiermittel". Bei NETTO gabs nämlich Sternbier im Angebot und so goß er einen Schluck ins Mahlwerk. "Na bitte, geht doch!" Noch mal drei Umdrehungen weiter, erschienen leicht angetüterte Vereinsfreunde des Vereins "Urverein zur Bildung der märkischen Vereine in Städten und Gemeinden". Die brauchte Gott nur noch klonen und verstreute sie auf Sportsvereine, Kulturvereine, Gesangsvereine, Gartenvereine, Anglervereine, Lesevereine und Politikvereine. Prima, dachte sich der Allmächtige, so sind sie alle mit ihren Statuten beschäftigt und haben keine Zeit mehr für Krieg.

Na ja, stellte Gott später fest, ein bisschen Krieg machen sie schon. Sie werfen sich Fetzen von Papier um die Ohren und tausende Mails schicken sie durch die Leitungen, werfen sich dies und jenes vor, haben immer zuwenig Geld und Schuld sind immer die anderen! "Das ist der typisch europäische Hysterizismus" diagnostizierte der Große Vater und ließ Milde walten. Solange die Märker keine Waffen anfassen, können sie seinetwegen ruhig so weitermachen. Papier ist geduldig, und stinkt nicht.

14. April 2023 - Zeichnung: Hans Blahm, Eberswalde



Schwärzesee, Pandemie und ein Trauerfall

8. April 2023: Zu Beginn der Sitzung der Stadtverordneten von Eberswalde im ausgehenden März sprach Herr Adams aus Finow zum Thema der Parkplatzsperrung am Schwärzesee. Die Forstverwaltung hat vor zwei Jahren, als sich die Vermüllung im Bereich des Ufers häufte, die Sperrung angeordnet und das, wie der Herr ausführte, ohne ausreichend die Finower Bürger einbezogen zu haben. Für Rentner, Familien mit Kindern wie für Behinderte sei der weite Weg vom Ausweichparkplatz an der Biesenthaler Straße bis zum See nicht zumutbar und er forderte vom Bürgermeister der Stadt mehr Einsatz für die Belange der Bürger. Dieser, nämlich Herr Herrmann, antwortete auf diese Einwohnerfrage, daß seine Möglichkeiten in dieser Sache leider begrenzt seien. Die Stadt sei nicht Eigentümer der Fläche, sondern der Landesforst (zumal Naturschutzgebiet - d.R.) und er sehe noch nicht, daß diese Frage ein Anliegen einer breiten Front von Einwohnern ist. Der Bürgermeister würde sich gerne eines besseren belehren lassen und führt überdies noch Gespräche mit den Verantwortlichen der Forstverwaltung.

Die zweite Einwohnerin, nämlich Henriette Schubert, vor einem Jahr angetreten als Bürgermeisterkandidatin für "Die Basis", wollte vom Bürgermeister wissen, warum er nicht an den Runden Tischen zur Aufarbeitung der Fehler in der Pandemie teilgenommen habe, insbesondere zum Impfzwang und den Impfschäden. Zweitens erwartet die Vortragende eine Antwort des Bürgermeisters auf ein vorgelegtes Schreiben, nachdem in einer neuen europäischen Gesundheitsrichtlinie der Passus der "Einhaltung der Menschenwürde" gestrichen worden ist. Das sei ein Skandal, so Henriette Schubert. Bürgermeister Herrmann verprach eine schriftliche Antwort.

Danach kamen tagungsordnungsgemäß die "Informationen aus der Stadtverwaltung", die sich beim Bürgermeister im Prinzip auf die Aufzählung von vergangenen und zukünftigen Terminen beschränkte, unter denen vielleicht der Frühjahrsputz am 1. April, der Bürgerempfang am 22. April im Märkischen Park sowie das kommende Zoofest erwähnenswert sind. Außerdem kündigte das Stadtoberhaupt an, daß die nächsten Sitzungen wieder im Paul-Wunderlich-Haus stattfänden.

Bauderzernentin Anne Fellner informierte über die aktuellen Bauvorhaben, nämlich die Erschließung des Christel-Brauns-Weges in Finow (ehemalige Sowjetliegenschaft) und der Bau der Fahrradstraße im Schellengrund in Ostende. Außerdem fand sie Worte des Dankes und der Trauer zum Ableben der ehemaligen Sozialdezernentin des Landkreises Barnim Silvia Ulonska, die vor einiger Zeit einer schweren Krankheit erlegen ist. Die Stadt nahm an der Trauerfeier teil.

Prof. Jan König informierte darüber, daß die KITA "Nesthäkchen" in Finow noch nicht wieder in den Normalbetrieb gehen kann, aufgrund der immer noch anhaltenden Krankheitslage der Beschäftigten. Verwaltungsdezernent Behrendt antwortete auf eine Nachfrage des Stadtverordneten Carsten Zinn, die sich eigentlich an den Bürgermeister richtete, daß der Zoobeirat wie auch der Forensikbeirat keine Einrichtungen laut Kommunalverfassung sind und daß beim Erstgenannten noch ein Landesgesetz zu Psychisch Kranken (PsychKG) Anwendung findet. Darin kann auch der Grund liegen, warum dieser nicht öffentlich tagt. Herr Herrmann wird diesen zum ersten Mal leiten und sei deshalb nur beschränkt auskunftsfähig.

Zum Schwärzesee sei noch anzufügen, daß Herr Zinn den ernstgemeinten Hinweis gab, daß sich doch der Landesumweltminister Vogel, der zudem Eberswalder Bürger sei, seine pandemiebedingte Entschuldigung zur Bürgerrunde mit rbb-Robur wieder gutmachen könnte und den Finower Bürgern in der Causa Rede und Antwort stehen sollte, als quasi oberster Eigentümer des Schwärzesees.



Weiterhin geöffnet ...



Brandenburg hat den Längsten

11. März 2023: Aber sicher hat dieses Bundesland den längsten, und zwar den längsten Ministerpräsidenten. Von der SPD nämlich. Um Zentimeter soll es in diesem Artikel nur am Rande gehen. Die Mark hat, wie in der Zeitung neulich stand, mit 361.829 die größte Zahl an Mitgliedern in Sportvereinen seit 30 Jahren. Die Jahre davor zählen ja nicht. Sonst müsste man das relativieren, was offiziell verpönt ist. Mit der längsten Planungsphase für eine Stromleitung kann sich nun die Uckermarkleitung schmücken, und zwar ganze 17 Jahre. Die alte Trasse aus dem Jahre 1958 wird nun durch eine Doppelsystemleitung von 380 kV mit 342 Masten ersetzt, die teilweise bis zu 60 Meter hoch sind und günstigen Windkraftstrom nach Süden leiten sollen. Der Welt längste Doppelwasserrutsche steht jetzt auch in Brandenburg. In einem zweckentfremdeten riesigen Zeppelin-Hangar im Unterspreewald, das sich "Tropical Island" nennt, können nun 200 Gäste pro Stunde (ab 120 cm Größe) die Zeit stoppen, in der sie die 213 Meter Rutschpartie absolvieren. Sie könnten auch die Zeit stoppen, wie lange sie mit dem Auto in den Unterspreewald brauchen. Eberswalde hat auch den längsten, nein, den größten. Und zwar den höchsten Kanaldamm Europas, den Ragöser Damm mit 28 Metern Höhe, gelegen oberhalb der gleichnamigen Schleuse, wo auch ein gleichnamiger Bach mündet. Daß die Barnimer Waldstadt die größte gemauerte Kirchturmspitze der Welt hat, ist ja hinlänglich bekannt. In der "preußischsten aller preußischen Städte", nämlich Neuruppin, steht das schönste Landratsamt des Landes, ein historisierender Bau von 1895. Nach 1945 ließ sich die Sowjetarmee mit ihrer Kommandantur dort nieder. Ja, sie hatten Geschmack, die Sieger. Das größte UNESCO-Kulturerbe-Ensemble Germaniens findet sich in Potsdam. Auf 1337 Hektar Fläche versammeln sich 150 historische Gebäude, von 1730 bis 1916 gebaut, darunter natürlich der Park Sanssouci und Babelsberg. In diesem östlichen Ortsteil der Landeshauptstadt, in Babelsberg, begann 1912 das erste größere Filmstudio der Welt seine Produktionen. Noch vor Hollywood. Nein, Brandenburg hat wirklich den größten. Den größten Mitgliederschwund aller evangelischen Landeskirchen. Im letzten Jahr verließen die Gläubigen 28.000 seiner Seelen, und im Jahr davor waren es auch 29.000 Menschen. Wenn sich der Trend so fortsetzt, reduziert sich die berlin-brandenburgisch-niederschlesische-oberlausitzsche Kirche in den nächsten 15 Jahren um 42 Prozent, in Zahlen: 344.000 gläubige Seelen weniger. Die wenigen Taufen, die jährlich stattfinden, können dem nichts entgegensetzen. Aber Gott ist im Himmel mit allen seinen Seelen. Darauf vertraut auch Brandenburg mit seinem längsten aller Ministerpräsidenten ...



Endspurt im Winter



Hautnah am Rande der Existenzen

18. Februar 2023: Kürzlich wurden auf einem privaten Fernsehsender drei Staffeln eines Dokutainments unter dem Namen "Hartz und herzlich" ausgestrahlt, der sich mit dem Leben von einigen Bewohnern des Brandenburgischen Viertels beschäftigte. Bekanntlich leben viele Einwohner dieses Eberswalder Stadtteils nicht gerade in üppigen finanziellen Verhältnissen und leiden zudem unter diversen Handicaps. Bei dem einen kann das Handicap die Alkoholsucht sein, bei den anderen können es die kleinen Kinder sein, bei einer anderen ist es der fehlende Schulabschluß oder durchaus die Tatsache, daß man ein Studium an der örtlichen Hochschule abschließen will. Und immer wieder das nicht ausreichende Geld, das hier und da immer zuwenig ist. Tobi leistet sich seinen Hackepeter-Mittwoch im Prinzip vom Erlös seines Flaschensammelns und gewährt seinem Kumpel in seiner 33 Quadratmeter-Wohnung Unterkunft, weil dieser sonst auf der Straße wäre. Remo, ein anderer Kumpel, ist auch manchmal zu Gast, aber so im Stoff, daß man sich fragt, wie es das Filmteam schaffte, diese Szenen zu drehen, ohne den Drang zu verspüren, einen Notarzt zu rufen. Dasselbe fragt man sich bei Phillip, der in der Altstadt wohnt, und ständig seinen Spiegel braucht, um den Tag zu überstehen. Gut, alle haben Freunde, die ihnen etwas helfen können. Aber sie bräuchten eine Therapie ...

Peggy, alleinerziehende Studentin, beglückt mit zwei Kindern und zwei Hunden, hat es auch schwer. Immer wieder behindern sie die Lücken des sozialen Netzes, um über die Runden zu kommen. Szenen in der nahen Natur schaffen einen angenehmen Ausgleich zu den etwas tristen Plattenbaublöcken, in denen die meisten Protagonisten wohnen. Norman, der Karatelehrer, der in Corona-Zwangspause ist, schafft seine theoretische Fahrprüfung mit Null Fehlern und hofft, nach mehreren Anläufen, endlich seinen Führerschein zu machen. Das Familienleben mit Kleinkind ist harmonisch und herzlich. Von Verwandten bekommen sie eine gebrauchte Küche geschenkt, die viel besser ist als die alte, die schon auseinanderfällt. Norman hilft Tobi auch beim Zusammenbau eines Schrankes, hat aber mit dessen Eigenheiten zu kämpfen. Gehandicapt sind auch zwei Schwestern, eine mit Kleinkind, die andere gerade schwanger, die es schwer haben, einen Ausbildungsplatz zu bekommen, wegen "mangelnder Ausbildungsreife". Sie gingen früher auf eine Förderschule, haben aber das Glück gehabt, eine Wohnung zu bekommen; die eine jetzt im Eberswalder Sozialkiez, die andere bekommt eine Wohnung in Wriezen. Da gefalle es ihr besser, sagt sie, "nicht so viele Menschen".

In schnellen Schnitten werden beeindruckende Luftbilder der Stadt gezeigt, nicht nur vom sogenannten "Ghetto", sondern auch von der Altstadt rund um die Marienkirche oder ein Draufblick auf den Eberkran und den Kranbau, der nun in existenziellen Nöten sich befindet. Das war aber kein Thema der Staffelserie, die schon vor zwei Jahren abgedreht wurde. Inzwischen hat Peggy ihre Masterarbeit verteidigt und kommt wieder in den Genuss der sozialen Unterstützung, von der ein Großteil der Bewohner des Brandenburgischen Viertels lebt. Natürlich hofft sie auf eine gute Arbeitstelle. Dazu drücken wir ihr alle Daumen!



Auch in Finow: Nie wieder Faschismus!



Keine Panik, ihre Krankenkasse hilft!

13. Dezember 2022: Sie fühlen sich in letzter Zeit etwas verunsichert, haben diffuse Ängste, sei es vor Kälte, vor Dunkelheit oder vor atomaren Strahlen? Gehen Sie in sich und treten von sich etwas zurück. Betrachten Sie diese Ängste als ihre reinen Geistesprodukte, die mal kommen und wieder gehen. Sie werden merken, wie entspannter Sie im Alltag werden.

Sie fühlen sich nicht wertgeschätzt? Ihr Einkommen reicht vorne und hinten nicht. Sie leiden unter hartnäckiger Erkältung, trotz Masketragen? Sie müssen immer die niedrigsten Arbeiten erledigen? Lernen Sie die Methode der Selbstfürsorge: stellen Sie sich eine Person vor, eine Firma oder einen Staat, der Ihnen rundherum guttut und für Sie mitfühlend sorgt. Sie werden merken, wie eine wohlige Wärme ihren Körper durchfließt und ihre Probleme sind so gut wie verschwunden.

Sie fühlen sich in der Firma ständig gehetzt und beobachtet? Ihre Nackenmuskeln verspannen sich? Die Fakir-Methode hilft Ihnen garantiert: Suchen Sie einen ruhigen Platz im Betrieb auf, setzen sich entspannt aufs Örtchen und nehmen zuerst Ihren rechten Fuß hinters Genick, dann den zweiten, machen einen ganz runden Rücken und schauen dabei geradeaus auf die Klotür. Dann lassen Sie Ihren Kopf entgegen dem Uhrzeigersinn auf Ihren Schultern rotieren und berühren mit den Ohrläppchen die Zehenspitzen der beiden Füße. Nach dieser Methode können Sie Ihrem Chef ganz anders gegenübertreten!

Ständig Ärger mit den Mails und dem Blutdruck? Installieren Sie die KK-App und Sie bekommen im Handumdrehen Ihre gesamte Krankenakte aus der Cloud verfügbar, mit Blutdruckwerten und Grafikcharts, ihre täglich zurückgelegten Strecken samt Stadtplan, wann Sie wo einen Corona-Kontakt hatten und bei welchen persönlichen Begegnungen ihre Vitalwerte aus dem Ruder laufen. So haben Sie Ihr Leben voll im Griff und können alles kontrollieren. Vergessen Sie nicht das Passwort!

Sie schlafen schlecht? Wachen nachts öfter schweißgebadet auf? Baldriantropfen sagt man, sollen gut wirken, aber besser ist es, um 20 Uhr die Tagesschau anzusehen, jeden Tag, zur selben Uhrzeit. Betrachten Sie meditativ die bunten Bilder und die Mimik der geschminkten Vorsprecher, deren Miene sich langsam erhellt, wenn sie den Wetterbericht ankündigen kann: mal Sonne, mal Frost, mal Regen, mal Schnee, bei einem mittleren bis stürmischen Wind aus West bis Südwest. Auf Wiedersehen!



Sanierung der Johanniskirche



Der Landkreis wird's schon richten

22. Oktober 2022: Bei den Mädels von Märkisch Edel am Potsdamer Platz konnte man bei bestem Ausblick auf den Trubel am Heidewald in Ruhe seinen Kaffee trinken und im öffentlichen WLAN mal im Livestream nachschauen, was es Neues aus der Stadtpolitik gab.

Die StVV tagte nämlich am Dienstag und es gab neben einigen trockenen Informationen zur Lage auch heftige Vorwürfe, mit denen sich einige Stadtverordnete bedacht hatten. Aber erst zu den Infos: Bürgermeister Herrmann berichtete von seinen letzten Aktivitäten, darunter die Verabschiedung von sieben langjährigen Mitarbeiter/innen, die der Stadt 40 Jahre treu gedient haben. Auch war er auf der privaten Abschiedsparty des Zoodirektors Dr. Hensch anwesend und hielt eine Rede. Zur Finanzierung dieser Party trugen auch einige Sponsoren bei, was offiziell unbedenklich erscheint, weil privat gewesen.

Das nahm der Stadtverordnete Zinn als Steilvorlage, um überhaupt das Thema Korruption anzusprechen und hielt der Stadtverwaltung vor, nicht angemessen auf anonyme Vorwürfe gegenüber dem Leiter der Feuerwehr zu reagieren. Auf Details soll hier nicht eingegangen werden. Carsten Zinn thematisierte auch ein angeblich problematisches Unterstellungsverhältnis in einem Dezernat, was seiner Meinung nach ein unabhängiges Agieren unmöglich mache. Der Bürgermeister meinte dazu, auf Klatsch und Tratsch werde er nicht eingehen.

Weil Herr Zinn noch die Staatsanwaltschaft und den rbb erwähnte, fühlte sich Sebastian Walter (Die Linke) dazu aufgerufen, die Moralkeule zu schwingen und dem umtriebigen Stadtverordneten vorzuwerfen, er würde Drohungen ausstoßen. So könne man nicht agieren und man müsse einen "Ethikkodex" einführen für die Stadtverordneten. Auf Deutsch hieße das natürlich "Maulkorb" und Carsten Zinn erwiderte darauf nur: "Von einem Studienabbrecher lasse ich mich doch nicht ..." Der Vorsitzende unterbrach den Disput.

Es ging also hoch her bei der Oktobersitzung. Der Stadtverordnete Banaskiewicz schlug vor, wenn man schon die Schulleiterin der Bürgelschule nicht loswerde, die nach Ansicht der Eltern und der meisten Lehrer untragbar ist, so könne man doch einfach die Schüler auf die anderen Grundschulen der Stadt verteilen. Dieses Ansinnen könne er gleich ablehnen, antwortete Prof. Jan König, Verwaltungsdezernent. Die anderen Schulen arbeiteten sowieso schon am Limit und könnten das nicht leisten. Es sei sehr bedauerlich, wie die gegenwärtige Lage aus beamtenrechtlicher Sicht sei. Das Bildungsministerium duckt sich in dieser Frage weg und Justizia ist auf beiden Augen blind. Die Opfer sind die Schüler.

"Wie ist die Stadt auf die kommende Wintersaison gerüstet, angesichts der kritischen Lage?" will ein anderer Stadtverordneter wissen. Zum Beispiel gebe es Benzinvorräte bei der Feuerwehr, so Prof. König weiter, wieviel könne er momentan nicht sagen. Die Stadt überlege sich ein Konzept, die Sporthallen als mögliche Wärmestuben einzurichten, wo auch im Falle eines Blackouts die Möglichkeit bestünde, sich heiß zu duschen und sich aufzuwärmen. Dabei meinte er nicht die Halle an sich, sondern die Vorräume, die meistens die Umkleideräume beherbergen. Ansonsten, so der Dezernent, sei in einem solchen Katastrophenfalle der Landkreis Barnim zuständig und über dessen Aktivitäten könne er keine Auskunft geben, mangels Wissen.

Hoffen wir also, daß der Landkreis alle nötigen Vorkehrungen trifft, daß die Barnimer Bürger nicht erfrieren, nicht verhungern, nicht verdursten, auf Toilette gehen und sich waschen können! Zum Stromsparen kann natürlich jeder selber seinen Beitrag leisten ...



Herbst im Zoo



Zukunftsspiele mit städtischen Betreuern

1. Oktober 2022: Im September des Jahres 2022, also kürzlich, erschien das Bürgergutachten des sogenannten Zukunftsrates, das in sieben Sitzungen mit 29 zufällig ausgewählten Eberswalder Einwohnern erstellt wurde. Gefördert wurde das Ganze vom Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung und stellt eine dem Zeitgeist entsprechende Beteiligung an städtischen Planungsaufgaben dar. Die Empfehlungen des Zukunftsrates kann die Verwaltung in die Praxis einfließen lassen, muss sie aber nicht. Zum Beispiel wird das deutlich an der Aussage vieler Teilnehmer, sich zum Thema Umgehungsstraße nicht genug informiert zu fühlen. Es kam zu einer kritischen Diskussion und ein Teilnehmer lehnte diese Baumaßnahme rundum ab. Trotz dieser fehlenden Informationslage formulierten die (vom Land Brandenburg bezahlten) Betreuer und "Textverdichter" des nexus Institut für Kooperationsmanagement eine Empfehlung für verstärkte Öffentlichkeitsarbeit zu den Baumaßnahmen und brachten viele der Teilnehmer zu einer zustimmenden Position. Also eine Empfehlung ohne Grundlage.

Auch wird die Frage sein, ob sich die Stadt in Gestalt der Baudezernentin, sich an die Empfehlung der nach Geschlecht und Alter gezogenen Bürger hält, die Wiese und Parkanlage an der Friedrich-Ebert-Straße nicht zu bebauen, auch nicht in Teilstücken. Dagegen sprachen sich nämlich 92 Prozent der Teilnehmer aus, was eine ziemlich klare Aussage ist. Andererseits empfahl der Zukunftsrat mehrheitlich eine verkehrsberuhigte Innenstadt, ja sogar eine autofreie Altstadt, aber das dürfte wenig praktikabel sein und hat wahrscheinlich wenig Chancen auf Umsetzung. Überhaupt setzt dieses Bürgergutachten seinen Schwerpunkt, wohlfeil gelenkt, auf das Stadtzentrum - so als ob es Zukunft nur in der Innenstadt zwischen Rathauspassage und Kirchturm geben könnte. Andere Stadtteile werden nur als "Quartiere" gedacht und die Empfehlungen sind entsprechend unkonkret. Dass hier "Kultur und Freizeit" an erster Stelle geführt wird und das Thema "Gesundheit" erst an neunter Stelle, ist eine absolute Zumutung. Ebenso rangiert das Thema "Versorgung" (mit täglichen Gütern) weit hinten.

Der Barnimer Busgesellschaft soll zugemutet werden für einen dichteren Takt ihre großen Obusse auszurangieren, um mit kleineren Bussen öfter zu fahren. Ob da überhaupt Mütter mit drei Kinderwagen und noch Senioren mit Rollatoren reinpassen, ist wohl zweitrangig für den Zukunftsrat. Bitte, Herr Wruck, machen Sie das nicht! Ob eine ÖPNV-Anbindung der Ostender Höhen Sinn macht, wie empfohlen, müssen in der Praxis Berechnungen der BBG zeigen. Klimagerechtes Bauen und Wohnen waren weitere Schwerpunkte des Berichts und es scheint Konsens zu sein, dass vermehrt kommunikative Wohnformen errichtet werden sollten, mit Begegnungsräumen und -bereichen. Auch durch Umbau des bestehenden Wohnbestands. Wer das alles bezahlen soll, wurde nicht erörtert. Eine wichtige Lebensfrage fehlte ganz und gar bei diesen betreuten Planspielen, nämlich "Arbeit und Einkommen". Hier wird ganz darauf gesetzt, daß unsere Werktätigen nach Berlin zur Arbeit pendeln bzw. daß möglichst diverse Start-Up-Unternehmerinnen aus Berlin mit Kultur- und Kneipenaffinität sich in Eberswalde-Altstadt ansiedeln. Natürlich mit Altbauwohnung.

Auf diese Art und Weise sollen die Quartiere "durchmischt" werden. Daß die Perspektiven für die Migranten aus aller Herren Länder im Brandenburgischen Viertel nur sehr schlecht sind, wurde nicht erörtert und auch die soziale Frage, nämlich Behinderung, Krankheit und Arbeitslosigkeit, scheint es in der Eberswalder Zukunft nicht zu geben. Daß dies ein Mangel des Gutachtens ist, wurde offen zugegeben. Aber vielleicht lag das auch nur an der Gesprächsführung durch die betreuenden Männer und Frauen, daß diese Fragen hintenüber gekippt wurden. Zukunft für Eberswalde hat rein und makellos zu sein.



Gegenwind für die Bundesregierung



Die Narrative der Anderen (Teil 2)

29. September 2022: Wie wir im ersten Teil erfahren haben, ist das Narrativ im Grunde eine Erzählung oder eine Story, die nicht unbedingt etwas mit der Wahrheit zu tun haben muss. Die ursprünglich nur Soziologen hierzulande bekannte Formel sollte eine Grunderzählung bedeuten, z.B. die des freiheitlich-demokratischen Gemeinwesens der Bundesrepublik oder das der DDR als antifaschistischer Arbeiter- und Bauernstaat. Beide Narrative sollten die eigenen Reihen fester schließen. Die Gegenseite zweifelte diese Erzählungen natürlich heftigst an, was wiederum in Feindnarrativen mündete, wie der SED-Bonzenherrschaft oder die vom Profitstreben geleitete Kapitalherrschaft.

Wer die eigenen und die Fremdnarrative nicht sicher beherrschte, der hatte es schwer. Es ging und geht auch heutzutage sogar soweit, daß derjenige sanktioniert wird, der die eigenen Narrative nicht kritiklos wiedergibt. Wer das „freiheitlich-demokratische“ anzweifelt, wird sofort zum Verfassungsfeind, oder wer westliche „Schundpresse“ in die DDR schmuggelte, wurde zum Staatsfeind und kam sogar ins Gefängnis. Mit allen Mitteln wurde und wird die Verbreitung des Narrativs der Feindesseite behindert, verboten oder der Konsum und die Verbreitung unter Strafe gestellt.

Narrative sind sehr mächtig. Einmal im Gebrauch, werden sie schnell zum Dogma und ihre Hinterfragung wird zum Tabu. Wer ein solches Tabu bricht, wird aus der Gruppe ausgeschlossen und das können sich nur die wenigsten leisten. Psychologisch sind Narrative eine Form der Selbstwerterhöhung und damit eigentlich ein Kennzeichen psychischer Gesundheit. Was bei einem einzelnen Menschen unproblematisch ist, führt aber beim politischen Narrativ zum Problem, da solche sinnstiftenden Erzählungen meistens auf Kosten anderer Menschen, Gruppen und Völker behauptet werden. Man denke nur an das Narrativ des „jüdisch-bolschewistischen Untermenschen“. Politische Narrative müssen immer hinterfragt werden und der Grad der Abwertung Anderer in diesen ist ein sicheres Zeichen für Totalitarismus.

Auch innerhalb von Familien existieren solche Narrative, oder im Beruf. Wer sich den herrschenden Erzählungen verweigert, wird schnell zum Außenseiter. Damit haben sie eine disziplinierende Funktion, sind also ein Mittel der Machtausübung bis hin zur Staatsideologie. Zur persönlichen Haltung gegenüber Narrativen kann man nur sagen: Derjenige lebt ein ruhiges Leben, der gar keine eigene Meinung hat. Amen!



Eberswalder Stadtlauf am 11. September



Die Narrative der Anderen

24. Juli 2022: In jüngsten Medienberichten fällt zunehmend die Formulierung Narrativ auf. Meist wird damit auf die Darstellung der Gegenseite verwiesen, zum Beispiel die inflationär gebrauchte Formulierung des „Angriffskrieges“, um diese anzuzweifeln. Genauso gut könnte man das Narrativ der „Spezialoperation“ anzweifeln. In dem gängigen Gebrauch könnte man also damit eine wertende Formulierung, also eine Wertung vermuten. Aber woher kommt eigentlich dieses Wort und was bedeutet es wirklich?

Der DUDEN von 1990 kennt nur das Adjektiv narrativ (mit Endbetonung) und ordnet es der Sprachwissenschaft zu, mit der Bedeutung, entsprechend des lateinischen Ursprungs (narrativus, narrare) erzählend, in erzählender Form darstellend. Also ein Eigenschaftswort. Die heutige Verwendung des Narrativs bedeutet aber eine Substantivierung. Wie kann das sein? Hat man sich hier einer fremdsprachigen Floskel bedient?

Im WEBSTER'S von 1995 werden wir fündig. Dort gibt es narrative sowohl in o.g. Bedeutung als auch als Substantiv und bedeutet 1. a story; account; tale und 2. the art or practice of narration. Damit erreichen wir den Bereich der literarischen Kunst, nämlich die „Geschichte“ oder das „Märchen“ bzw. die Kunst des Märchenerzählens. Mit narration wird auf ein weiteres Substantiv im Englischen verwiesen, was 1. the act or process of narrating; the telling of a story or of happenings 2. a story; account; narrative (womit wir uns im Kreise drehen) bedeutet und 3. writing or speaking that narrates, as history, biography or fiction - übersetzt: ein Geschriebenes oder Gesprochenes, welches Geschichte, einen Lebenslauf oder pure Fiktion wiedergibt, besser gesagt narrates.

Damit schneiden wir mit dem Narrativ also den Bereich der lebendigen Phantasie an. Bleibt noch das letzte Wort aufzuklären, nämlich narrate: Dies ist ein Verb, das aus dem Lateinischen narratus, narrare (erzählen) entliehen wurde, und ist ähnlich dem lateinischen gnarus, welches auf dem Indoeuropäischen gnoro beruht, mit der Basis gen, das „etwas wissen“ bedeutet. Die Bedeutung ist, Sie ahnen es schon, 1. to tell (a story) in writing or speech und 2. to give an account of (happenings etc.)

Die zweite Bedeutung kann man bei der Verwendung unseres Narrativs wohl ausschließen, nämlich die des Tatsachenberichts, obwohl Stein und Bein darauf geschworen wird. Die erste Erklärung ist plausibler: man erzählt eine Geschichte, ein Märchen; man bindet den Leuten damit einen Bären auf, eine ausgedachte, zum Teil böswillige Phantasie, letztendlich pure Propaganda. Die Hauptsache ist, es dient den eigenen Zwecken, nämlich der eigenen Selbsterhöhung und der Abwertung des Gegners. Hiermit kann man die gängigen Narrative am besten einordnen.



Ostern bei den Kattas



Medialer Overkill

18. März 2022: Es ist mittlerweile ein Punkt erreicht, wo sich Corona-Hysterie und Russland-Hysterie in den etablierten Medien zu einem derartig ungenießbaren Brei entwickelt haben, daß jeder vernünftige Mensch nur noch ausschalten kann. Wen interessiert es noch: die Inzidenzen, die Impfquote, die Maskenpflicht? Die Masken sind schon fest am Gesicht angewachsen, man spürt sie gar nicht mehr. Und daß Nudeln und Mehl knapp werden, ist doch ein schönes Deja Vú. Daß Putin ein mordgieriges Ungeheuer ist, wussten wir doch schon immer. Nur die Ukrainer möchten gerne den 3. Weltkrieg. Das ist für den Ami aber nicht mehr spaßig, noch ein einstürzendes Hochhaus in Manhattan möchten sie nicht mehr haben. Also wird Kriegsverbrecher Putin aufs mediale Tribunal gezerrt und der dritte Weltkrieg findet über den Äther statt. Das ist jedoch für die liebe Seele zuviel des Guten. Statt sich gleich ein Heckler&Koch-Sturmgewehr zu schnappen und über Polen auszureisen, besorgt sich genervte Deutsche lieber Ohropax oder hört mal wieder seine CD-Sammlung durch. Statt Karl Lauterbach und Christian Drosten in Dauerschleife nicht zu sehen, sieht man nun das Duo Selenskij/Melnyk nicht, und muss ihre unverschämten Zumutungen nicht ertragen. Dafür zahlen wir alle Gebühren! Es ist nur noch zum Ausschalten ...



Wer Wind sät, wird Sturm ernten ...



Nachrichten in einfacher Sprache

23. Febr. 2022: Weit im Osten gibt es ein Land, das heißt Ukraine. Und gleich daneben gibt es ein noch viel größeres Land, das heißt Russland. Früher gehörten beide Länder zu einem noch viel größeren Land. Das hieß Sowjetunion. Dort regierte ein Mann, der Lenin hieß. Heute liegt er in einem Stein-Haus in der Hauptstadt von Russland und ist schon lange tot. Soldaten bewachen seinen toten Körper. Gleich daneben regiert ein neuer Mann das große Land. Er heißt Putin. Das kleinere Land will sich von dem größeren Land trennen und lässt sich Waffen und Geld von anderen Ländern schicken. Diese anderen Länder wollen, dass das kleine Land dem großen Land schadet. Mit den Waffen und mit Soldaten streiten die Ukrainer mit anderen Ukrainern. Diese anderen Ukrainer möchten lieber zum großen Land Russland gehören. Dieser Streit dauert nun schon sehr lange.

Ein anderes großes Land, das über dem großen Wasser auf der anderen Seite der Erdkugel liegt, will dem großen Land Russland auch schaden. Sie sammeln andere Länder um sich und drohen Russland mit schwerem Schaden. Und sie bedrohen auch Länder, die Geschäfte mit Russland machen. Darunter ist auch unser Land, das sich Deutschland nennt. Russland wollte unserem Land billiges Gas liefern. Damit kann man im Winter heizen und Essen kochen. Dafür will Deutschland an Russland Geld zahlen. Doch der Mann, der über dem großen Wasser regiert und auch der Mann, der in dem kleinen Land Ukraine regiert, sind darauf neidisch. Sie wollen nicht, dass der Herr Putin aus dem großen Land dieses Geld bekommt. Denn sie wollen selber dieses Geld haben.

Weil sich die Ukrainer immer wieder streiten und sich gegenseitig beschießen, will das große Land Russland Soldaten schicken, damit endlich Frieden kommt. Alle anderen Länder haben Angst vor diesen russischen Soldaten. Sie sagen, der Herr Putin ist ein böser Mann, wenn er einfach Soldaten schickt. Dabei hat das große Land über dem Wasser schon viele eigene Soldaten hergeschickt. Sie üben den Krieg in kleineren anderen Ländern, die sich in der Nähe von Russland befinden. Das gefällt Herrn Putin in Russland überhaupt nicht. Er sagt, diese fremden Soldaten müssen sofort verschwinden, denn sie bedrohen sein Land. Auch deutsche Soldaten bedrohen Russland.

Eigentlich haben sich unsere Eltern und unsere Omas und Opas gesagt, dass sie nie wieder Russland bedrohen wollen. Denn Deutschland hatte Schuld an vielen Toten in Russland. Das ist schon lange her. Viele Menschen haben das vergessen. Aber dem Mann, der über dem großen Wasser regiert, ist das egal. Er will Russland schaden. Damit sein Land mächtiger wird. Darum muss unser Land auf billiges Gas aus Russland verzichten. Von unserem Geld sollen wir Gas von der anderen Seite der Erdkugel bezahlen, das mit schweren Schiffen über Wasser hergefahren wird. Dieses Gas wird viel teurer sein. Oder wir müssen im Winter frieren. Unsere Nachrichten sagen, wir tun das alles für die Demokratie. Wir sind die Guten und Russland, das sind die Bösen. So einfach ist das.



Das Leben geht weiter



Von Unsichtbar bis Überbordend

27. Jan. 2022: Am heutigen Holocaust-Gedenktag sind es nur noch ein paar Tage Zeit, bis in Eberswalde ein neuer Bürgermeister gewählt werden kann. Zwar erst per Briefwahl, aber ganz eilige Kandidaten weisen die Einwohnerschaft schon bemerkenswert darauf hin. Der Kandidat der CDU geht mit einer vorbildlichen Transparenz in die Offensive und lässt den Bürger an seinem Werdegang teilhaben, der weiß Gott nicht einfach war. Unterstützt wird er dabei vom Bündnis Eberswalde, das eigentlich eine Finower Interessengemeinschaft des KFZ-Ersatzteilhändlers und Immobilienbesitzers Jede und des Druckereibesitzers Mertinkat ist. Von der Unterstützung des CDU-Ortsvorsitzenden und Optiker-Geschäftsführers Ortel kann man wohl ausgehen. Das wird jedoch nicht thematisiert. Der dekorierte Oderflutsoldat Mehnert verspricht mehr „Regionalität“ und mehr „Zusammenhalt“ für seine mögliche Amtszeit und erscheint wöchentlich im Direktvertrieb zusammen mit den kostenlosen Wochenzeitungen. Auf gestärktem Hochglanzpapier erfährt der Bürger alle möglichen Wünsche des Kandidaten für seine neue Heimatstadt. Es ist zwar nicht im Impressum angegeben, aber man kann wohl davon ausgehen, daß die nicht billigen A3-Faltungen aus der Druckerei Mertinkat stammen.

Einen anderen Weg geht der gebürtige Eberswalder und Sohn des Metallkünstlers Herrmann. Er setzt vor allem auf Außenwerbung. Die rotschwarzen Plakate hängen alle 300 Meter an den Hauptverkehrsstraßen und an wichtigen Kreuzungen gibt es große Aufsteller, die aber von der Aussage her die der Plakate nicht übertreffen. Ein Blick ins Internet führt den Weg auf regelmäßige Video-Statements des parteilosen SPD-Kandidaten Herrmann, so zum Beispiel zu den Schandfleck-Ruinen an der Eberswalder Straße. Dort will der Landkreis einen Oberschulstandort errichten und die Stadt sei heilfroh, diese Altlasten loszuwerden. Falls ein Bürgermeisterkandidat zwar in der wahrscheinlichen Stichwahl obsiegt, aber nicht das nötige Quorum schafft, hätte Götz Herrmann die besten Chancen, vom Stadtparlament gewählt zu werden.

Frau Schneemilch, ehemalige Sekretärin des Landrats und Kandidatin der Linken und Grünen, würde auch ganz gerne Bürgermeisterin der Waldstadt werden. Leider wurde sie von SPD schnöde übergangen, also hat sie den Genossen kurzerhand den Rücken gekehrt und tritt als linksgrüne Gallionsfigur gegen den Klimawandel und für eine weibliche Regentschaft an. Das wäre etwas ganz Neues für die Barnimer Kreisstadt. Das Problem ist nur: dann hätten wir im Rathaus zwei weibliche Regentinnen. Wo bliebe dann da die Gleichberechtigung? Außerdem befürchtet der umtriebige Stadtverordnete Zinn dann einen regelrechten „Zickenkrieg“ an der Spitze der Stadtverwaltung. Er plädiere für ein kommunales „Schwergewicht“.

Im Gegensatz zu mehr Regionalität fordert Kandidat Hoeck mehr „Internationalität“ für Eberswalde. Seine Erfahrungen als Organisator von Botschafter-Besuchen mögen ihm Recht geben. Der FDP-Mann, der das Bundestagsbüro des ehemaligen Bürgermeisters Boginski führt, ist auch sonst gut vernetzt in der Stadtgesellschaft: zum einen als Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung, als Vorsitzender des SV Motor Eberswalde, als Vorsitzender des Heimatvereins, als Aufsichtsratsmitglied der Wohngenossenschaft 1893 e.G. und in verantwortlicher Position beim FDP-Landesvorstand Brandenburg. Seine Kampagne zur Führung der Stadt ist bisher nur zaghaft angelaufen. Aber wenn man soviel zu tun hat …

Kandidat Kuffert, der aus Potsdam ins schöne Eberswalde kam, zieht es aktuell eher auf die Straße, um die Montagsdemonstrationen zwischen Marktplatz und Westend auf Youtube zu bannen. Hier sieht man in der abendlichen Dunkelheit an die tausend lautstarke Protestierer, die sich nicht vorschreiben lassen wollen, ob sie geimpft werden wollen oder daß Menschen in Geschäften nicht bedient werden, weil sie keinen digitalen Impfpass vorweisen können. Ansonsten findet der Kandidat der AfD den Graffity-Schriftzug FCKNZS nicht sehr intelligent, zumal wenn er auf verfallenen Baudenkmälern angebracht ist.

Die Kandidatin der Partei „die basis“ heißt Henriette Schubert, sie ist im Sozialbereich tätig, wie die Lokalzeitung schrieb, ansonsten blieb sie im Wahlkampf bislang unsichtbar. Die politische Heimat lässt auf eine kritische Einstellung gegenüber den aktuellen Pandemie-Notverordnungen schließen und macht den entsprechenden Kritikern somit ein kommunal-alternatives Angebot.

Der siebente und achte im Bunde sind Einzelbewerber, beides Geschäftsmänner und sie dürften nur Außenseiterchancen haben. Am 13. März 2022 findet der offizielle Urnengang in Wahllokalen statt. Wer das Rennen noch ein wenig offenhalten und noch auf mögliche Skandale warten will, der ist gut beraten, erst an diesem Datum seine gewichtige Stimme abzugeben. An guten Wünschen ist alles dabei.



Das leidige Thema ... Pandemie

8. Jan. 2022:

Eigentlich hat man gar keine Lust mehr drüber zu schreiben. Die Zahlen schwirren wieder umher. Mal sind es viele Zahlen, mal sind es weniger; mal wird eindringlich gewarnt, mal wird gesagt, es gebe noch keine Entwarnung. Um Menschen zu einer Impfung zu bewegen, verbietet man ihnen den Friseurbesuch, das Kaufen von Unterwäsche und das gemütliche Sitzen im Bistro. Sie könnten ja krank werden und auf der Intensivstation landen. Das können Raser, Komatrinker und Drogenraucher genauso, aber ihnen wird weder das eine noch das andere verboten. Im Gegenteil.

Und dann wundert man sich, dass immer mehr Menschen auf die Straße gehen und ihre Menschenrechte einfordern. Man verwehrt ihnen die Ausübung ihres Berufes. Also Berufsverbot. Und das bei der prekären Personallage im Gesundheitswesen! Ist die Regierung noch bei Verstand? Wer haut die schärfsten Anti-Corona-Maßnahmen heraus? Das ist wieder ein beliebtes Spiel unter den Ministerpräsidenten. Die Jugend, die doch so gerne feiert und tanzt, weicht auf private Home-Partys aus. In den Clubs wird ja jetzt nur noch geimpft.

Nein, ich bin nicht gegen das Impfen. Im Gegenteil! Wenn man vernünftig ist, sollte man diesen Schutz in Anspruch nehmen. Aber man muss den Menschen auch das Recht lassen, unvernünftig zu sein. Sonst landen wir in einer Gewaltherrschaft, die jedes Maß an Verhältnismäßigkeit hinter sich lässt. Man kann nicht mit dem Kopf durch die Wand! Keine deutsche Regierung und auch kein französischer Präsident. Das Virus geht seine eigenen Wege und wird, wenn die ersten Stimmen dieser Tage Recht behalten, sich in eine Art zweite Grippe verwandeln, vor der man sich in der Wintersaison durch eine Impfung schützen kann. Aber wer das nicht mag? C'est la vie! Es gibt nirgendwo hundert Prozent. Die Politiker sollten langsam wieder auf den Teppich zurückkehren.



Auch in der vierten Welle gilt:
Kontakte reduzieren!



Schön ist es, auf der Welt zu sein ...

Aus gegebenem Anlass wird hier ein Text aus dem Jahre 2015 veröffentlicht:

30. Aug. 2015: ... sagte die Biene zu dem Stachelschwein." Das sangen die Kinder der Kita "Arche Noah" beim nachmittäglichen Gottesdienst in der Friedenskirche zu Finow am letzten Augustsonntag. Das Gotteshaus war bis auf den letzten Platz mit Besuchern gefüllt, die dem Gemeinde-Pädagogen Martin Appel zur Verabschiedung in den Ruhestand ihre Reverenz erwiesen. Auch war in dem Lied der Kinder zu hören, daß man sich doch "nur ein bißchen Freiheit" wünscht.

Petra Boden, Leiterin der Kita, wünschte dem Gemeindeseelsorger alles Gute für seinen nächsten, freieren Lebensabschnitt, verbunden mit der Einladung, doch auch einmal so, jenseits von Hektik und Streß, in der Cottbusser Straße bei den Kindern und auf eine Tasse Kaffee vorbeizuschauen. Natürlich sangen auch die Besucher die Lieder des Gottesdienstes - mal mehr, mal weniger sicher - begleitet von der Orgelmusik des Hauses.

An diesem Nachmittag konnte man verstehen, ja fühlen, warum Kirchen so hoch und mächtig gebaut sind. Es ist einfach eine biophysikalische Notwendigkeit: dreihundert singende Lungen verbrauchen schnell den vorhandenen Sauerstoff, und ohne den großen Kirchenraum könnte ein Gottesdienst nicht 90 Minuten, sondern nur eine Viertelstunde andauern. Draußen waren es 30 Grad und auch in der Kirche steckte noch die Hitze des Sommers.

Trotz des Sommerwetters kamen Stadtpolitker aller Coloeur im besten Sonntagsanzug zu diesem wichtigen Gemeindeakt, darunter Otto Baaz, Günter Spangenberg und Carsten Zinn vom Alternativen Wählerbündnis Eberswalde, das in Finow eine starke Basis hat. Auch Kulturstaatssekretär Gatzlaff kam als Vertreter der Rathausspitze mit einem großen Abschiedsgeschenk. Kaum hatten die zahlreichen Gäste nach dem Gottesdienst ihren Kuchen und den Becher Kaffee in der Hand, verdunkelte sich der Himmel und ein heftiger langandauernder Regen, verbunden mit Blitz und Donner, zwang die Besucher ins neu fertiggestellte Gemeindehaus, oder in die Sakristei, wo man der Probe des Kirchenchores lauschen konnte.

Im Gemeindehaus war die Luft schnell verbraucht, während ein frischer Wind durch die geöffneten Tore der Kirche wehte. Martin Appel verabschiedete vorher auf der Schwelle des Kirchenhauses jeden Besucher persönlich, was als eine besondere Geste empfunden wurde. Er selber dankte in seinen Abschiedsworten den zahlreichen Gästen für ihr Kommen und erinnerte an die schwierige Zeit der Kirche in der DDR. An Zeiten, in denen es nicht einfach war, sich zum Glauben an Jesus Christus zu bekennen. Und er erinnerte an die immer kleiner werdenden Kirchengemeinden, an das Schrumpfen und Älterwerden, ein Problem, das gottweiß noch nicht überwunden ist.

Angesichts des übervollen Gotteshauses - gibt es da in dieser Hinsicht einen Hoffnungsschimmer? Vielleicht sollte man den Gottesdienst immer erst um 14 Uhr stattfinden lassen, und zwar, wenn man ausgeschlafen hat. Und wenn es Kaffee und Kuchen gratis gibt. Die Kirche muss eben mit der Zeit gehen und neue Wege finden ...

"Nur ein bißchen Freiheit ..." - das wünschte sich auch ein großer brauner Schmetterling, der aufgeregt über den zahlreichen Köpfen in der Kirche hin- und herflog. Just in diesem Moment erzählte ein Kita-Mädchen vorne auf dem Altar von einer simmersatten Raupe, die montags Äpfel frißt, dienstags Birnen, mittwochs Pflaumen, donnerstags Erdbeeren, und sich freitags und samstags derart überfrißt, daß sie am Sonntag nur noch ein kleines grünes Blatt zu sich nehmen kann. Aber dann, wir kennen das Ende, wird aus der Raupe ein wunderschöner Schmetterling.

Durch die geöffneten Tore der Kirche schließlich, konnte der gefangene Falter in die Freiheit, in die schwülwarme Luft eines Finower Augustnachmittages.

Nachtrag:
Am 13. November 2021 ist Pfarrer Martin Appel im Alter von 70 Jahren verstorben.



Nur die gute Butter?

10. Nov. 2021: Es gibt da so einen banalen Spruch zur Gesundheit: Man ist, was man isst. Ist da überhaupt etwas dran? Sicher wird man durch das Essen nicht die Körpergröße und die Merkmale des Gesichts verändern können. Und auch stoffwechselgenetische Grundlagen kann man nicht so leicht wegessen. Aber ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass übergewichtige Menschen immer reichlich Appetit haben und die Mahlzeiten gar nicht üppig genug für sie sein können? Hier gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen Menge und Gewicht. Dabei ist der Homo Sapiens für ständige üppige Mahlzeiten gar nicht konstruiert worden.

Unsere hunderttausendejahrelange Existenz als Jäger und Sammlerin, das ist unsere genetische Basis. Die Nahrung war mal mehr, mal weniger vorhanden und wechselte jahreszeitlich bedingt. Schon eine reichliche Fleischmahlzeit reicht aus, um unser Bauchfett – die eiserne Reserve – merklich anschwellen zu lassen. So einen Jagderfolg hatte der Mensch aber nicht jeden Tag. Also aß man wieder Nüsse, Beeren, Wurzeln und Kräuter. Dazu kam reichlich Bewegung für die Nahrungssuche und jahreszeitliche Wanderungen zu Sommer- und Winterquartieren. So blieben die meisten unserer Ahnen fit und schlank. Die einzige Bewegung in heutigen Tagen ist der Gang vom Büro zur Kantine, wo es jeden Tag ein reichliches Essen gibt. Wenn man will, auch mit Fleisch und Fett. In den Urzeiten war Fett der Goldstaub der Nahrung, ebenso wie Zucker. Schwer zu bekommen, aber gut haltbar für schlechte Tage, zum Beispiel Honig oder getrockneter Schinken. Diese Goldstaub-Auffassung hält sich noch bis in heutige Tage, wenn jemand sagt, sie esse nur die gute Butter, während Pflanzenmargarine verschmäht wird. Dabei ist es gerade die Butter, die fett macht! Ich bitte um Verzeihung, meine Damen, aber das ist die Wahrheit ...

Mit Fett und Zucker sollte der Homo Sapiens sehr vorsichtig und sparsam sein. Das sind die kalorienmäßigen Wasserstoff-Bomben! Dagegen kann man gedünstetes Gemüse, Obst, Getreideprodukte und stärkehaltige Lebensmittel reichlicher verzehren. Das kommt auch der Verdauung zugute. Gut gegen Darmträgheit sind Vollkornbrot, Linsen oder Erbsen. Aber auch mit einer reichlichen Reis- oder Nudelmahlzeit kommen die Gedärme wieder in Schwung.

Eine heiß diskutierte Frage in diesen Tagen und Jahren ist der Fleischkonsum. Das ist schon ein regelrechter Kulturkampf geworden und zieht sich durch die gesamte Gesellschaft. Die einen sind überzeugte Fleisch- und Wurstesser - das sind die etwas beleibteren – die anderen schwören auf vegetarische oder sogar vegane Ernährung und sind dabei auf missionarischer Fahrt unterwegs. Freundeskreise bilden sich auf Grundlage dieser Haltungen und Beziehungen zerbrechen daran. Dabei sollte eines klar sein: die Versorgung mit Proteinen ist für den Menschen lebensnotwendig, will er nicht an einer Mangelkrankheit leiden. Die Frage ist: benötigen wir tierisches Eiweiß essenziell oder reichen auch Pflanzenproteine? Um zu einer ausgewogenen Ernährung zu kommen, kann man wahrscheinlich viele Wege beschreiten. Die Hauptsache ist: keine einseitige Nahrungsaufnahme!

Bevor man als junger Erwachsener das Kochen lernte, ernährte man sich von Tütensuppen, in die mal ein Wiener Würstchen hineingeschnippelt oder mit einem Ei verrührt wurde. Später dann Kantinenessen wie Milchreis mit Zucker und Zimt oder Tote Oma. Von grundlegenden Fähigkeiten noch weit entfernt, "entwickelte" man die nächste eigene Mahlzeit: das war und ist bis heute Nudeln mit gedünsteten Möhrenscheiben und Mais in Butter. Das war zwar nicht schlecht für den Anfang, ist aber noch keine ausgewogene Ernährung, wenn man ansonsten nur Dosensuppen aß zum Mittag und zum Kaffee Kuchen mit Sahnejoghurt.

Der Aha-Effekt kam erst durch die Benutzung eines Ernährungsrechners. Dann lernt man erst, wie grundlegend wichtig Kartoffeln sind, die man vorher verschmähte. Ja, da muss man ein wenig schnippeln, das ist wahr. Aber man spart dadurch Euros und Hüftspeck. Dazu kommen Möhren, die auch nicht teuer sind, Sellerie, Porree und Petersilienwurzel. Proteine erhält man durch Linsen, Erbsen, Fisch und wenn man einmal die Woche eine Bulette isst oder ein Hähnchenschnitzel, wird die Welt auch nicht gleich untergehen. Alles andere wäre Fanatismus. Man darf auch nicht vergessen, dass Weidetiere die Graslandschaften erhalten, die ökologisch sehr wertvoll sind. Würden wir für diese Tiere nicht bezahlen, ihr Fleisch, oder ihre Milch, würden sie nicht gehalten. Alles hängt mit allem zusammen.

Die Ernährung ist eine sehr private Angelegenheit, zugleich hochkompliziert und heutzutage emotional aufgeladen. Ich glaube, hier stehen wir noch am Anfang einer Epoche der Aufklärung.



Herbstfarben im Sturm



Der Gottesdienst

17. Okt. 2021: An dem Tag, an dem mir nichts mehr einfällt, wird der liebe Gott mich wohl zu sich geholt haben. Das Leben ist seltsam. Man nimmt sich etwas vor, macht gar einen Plan, vielleicht schreibt man es sogar auf, aber kaum hat man den Stift zur Seite gelegt, erfüllt den Körper und den Geist ein neues Bedürfnis und Begehren und lässt den Schwankenden auf neue Wege sich begeben. Plan ist Plan, nichts weiter, wertloses Papier.

Während ich das schreibe, versucht das Weltall, das ja bekanntlich ein Vakuum ist, an meinem Gehirn zu saugen, um den letzten Funken Verstand auszulöschen. Das All mag lieber das Nichts und keine belebte Materie, die Wörter in einen Apparat eintippt. Der Allmächtige will sagen: es ist alles eitel und nicht von Bedeutung. Was mühst Du Dich ab, Du Menschenwurm. Du trachtest ja doch nur nach Anerkennung und Bestätigung! Gib auf, let it be und folge mir ins Nirwana!

Nein, nun gerade nicht! Wo kämen wir da hin, wenn jeder dahergelaufene Allmächtige einen manipulieren will. Schließlich hat man als Wesen einen freien Willen - auch um den größten Blödsinn zu verzapfen. Das ist unser gutes Recht! Schon heute wollte mich der liebe Gott in einen Gottesdienst führen. Er sagte: Auf Jahr und Tag hast Du Dich nicht mehr niedergeworfen in den Staub angesichts der Herrlichkeit Gottes. Drum gehe und besuche die Versammlung der Gläubigen!

Gesagt getan. Es ist Sonntag, das Frühstück im Bauch, überlege ich zur Heiligen Messe der Katholiken zu fahren. Ich bin recht zeitig dran, alle Verrichtungen flugs erledigt, da lässt mein unsteter Geist mich denken: Was soll ich hier nun so lange warten? Fahre ich doch schon gleich zu den Evangelischen, die haben eine Stunde früher Gottesdienst. Gesagt getan, sitzt der Erdenwurm im Bus, und überprüft im Internet, wann der Gottesdienst beginnt. Aber ach, sagt Google, der beginnt erst in einer Stunde! Was soll ich solange in der sonntagstoten Kleinstadt, fragte sich der unstete Geist. Es ist kalt!

Nächste Station Bäckerladen und der Plan war Makulatur. Der von Gott Abfallende holt sich ein frisches Brot und etwas Kuchen und beschließt, den Weg zurück durch den Wald zu laufen. Es wäre sowieso bald Kaffeezeit und in der kalten Kirche bekäme man nur Hunger. Also muss Gott noch warten. Man tut jetzt etwas für die Gesundheit, läuft an der frischen Luft und die ersten herbstgefärbten Blätter erfreuen den Betrachter.

Es ist kalt. Zu kalt für die Mücken! Aber irgendwelches Viehzeug fliegt noch herum. Ein Brummen am Ohr, eine Blattlaus am Auge. Spinnweben zwischen den Zweigen des Weges. Da! Ein Rascheln! Ein schwarzweißes felliges Etwas nimmt aus dem Gebüsch Reißaus. Es könnte ein kleiner Hund gewesen sein, oder eine Katze. Eine Katze so tief im Wald? Und ein Herrchen ist auch weit und breit nicht zu sehen. Was war es also? Das bleibt leider unbeantwortet.

Der Wald geht über in eine kleine Wohnsiedlung. Dort sitzen Menschen, spielen Hunde und Nachbarn unterhalten sich. Eine große Straße muss überquert werden und die Allee der goldenen Ahornbäume, die teilweise auch rot sind, lässt den Wandersmann stocken. Aber dann ab nach Hause! Nanu, was war das? Eine schwarzgraue Krähe flog von hinten nur um Handbreite am Kopf vorbei und lässt sich auf einem Baum vor mir nieder. Na warte, Du Bösewicht! Meine Stimme wird etwas lauter. Der Vogel fühlt sich angesprochen und fliegt quer zu einem anderen Baum. Jetzt schwinge ich die Faust und gebe Monsterlaute von mir. Der arme Vogel fällt vor Schreck fast vom Zweig. Damit könnte es gut sein, doch Rache ist Blutwurst: ich werfe meine Faust Richtung Krähe und brülle etwas Undefinierbares ... nun reicht es dem Getier und zusammen mit anderen Artgenossen sucht es das Weite.

Wer weiß, was die wollte? Einer Freundin hat schon mal eine Krähe von hinten auf den Kopf gehackt. Was soll das? Dabei werden die lieben Kleinen an jeder Ecke hier gefüttert, was das Zeug hält. Nein, das ist die Bosheit! Ich kenne meine Krähen. Wahrscheinlich hat ihr nicht gefallen, dass ich mich zulange an den Ahornbäumen aufgehalten habe. Das ist ihr Revier. Dort suchen sie immer nach Nahrung, was meistens Abfall ist. Und ein Revier steht für die Krähe an erster Stelle! Da gibt es keine Freunde mehr ...

Nun, die Wut rausgelassen, spaziert man nach Hause. Ein Zuhause, das eigentlich eine Einsiedelei ist. Ein einsames Refugium mitten in einem großen Haus mit anderen Bewohnern, die alle ihre eigene Einsiedelei betreiben. Der eine mehr, die andere weniger. Wie sagte doch eine Psychologin über Beziehungen? In einer perfekten Welt wären wir alle allein. Nur, für Kinder ist so eine Welt nicht gemacht. Kinder brauchen Beziehungen. Und ein Kuscheltier im Bett.

Also rauf ins gestapelte Quartier: es wartet Kaffee und Kuchen!



Herr Boginski zieht in den Bundestag ...

21. Sept. 2021: Bevor die Septembersitzung der Stadtverordnetenversammlung begann, stand Frau Fellner, ihres Zeichens Baudezernentin, draußen in der frischen Luft vor der Hufeisenfabrik des Familiengartens und sah, in Schale geworfen, entspannt ihrer Wahl zur Ersten Beigeordneten der Stadt Eberswalde entgegen. Sie meinte aber, darüber hätten die Stadtverordneten zu entscheiden. Drinnen, in der Halle, sorgten die Bediensteten der Stadt noch für das altbekannte Corona-Prozedere, die Mandatsträger begrüßten sich per Faust, ein Mitarbeiter der Stadt machte artig seinen Diener vor der Presse, die Live-Kameras wurden positioniert … bis der Vorsitzende die Glocke hören ließ, um den Beginn der Hauptsitzung der städtischen Politik einzuläuten.

Zwei Einwohner, Mutter und Sohn, beklagten in der Fragerunde, dass sie ihr Gartengrundstück nicht käuflich erwerben könnten, ein Thema, das schon ausführlich in der Presse behandelt wurde. Man wolle nochmal miteinander reden, so die Auskunft der Stadt. In anschließender Wortmeldung präsentierte Stadtverordneter Zinn einen ganzen Fragenkatalog an die Stadtverwaltung, in dem es um den neuen Eigentümer des EKZ Heidewald, um die Zukunft des Spechts und um Personalien in Zusammenhang mit dem Weggang des Bürgermeisters in den Bundestag ging. Zu allen Punkten, so die Antworten, sei es noch zu früh eine Auskunft zu geben. Einmal wegen Grundbuchfragen, gab Anne Fellner zu Bedenken und zum anderen, so Friedhelm Boginski, habe er noch immer die Richtlinienkompetenz als Bürgermeister und sein Mandat sei noch nicht abgelaufen. Herr Zinn warnte davor, im Bundestag wehe ein anderer Wind, aber er persönlich hätte kein Problem mit dem bisherigen öffentlichen Auftritt des Bürgermeisters.

Sebastian Walter von den LINKEN wünschte sich mehr Courage vom Stadtoberhaupt, sei es wegen eines rassistischen Vorfalls gegenüber einer syrischen Familie oder wegen einer missglückten Stellungnahme zum Hausverbot, das das Café Kleinschmidt öffentlich gegenüber Mandatsträgern der CDU, SPD und den Grünen ausgesprochen hatte. Eine Spaltung der Gesellschaft wegen der Corona-Misere dürfe es nicht geben und auch keine Ausgrenzung von demokratischen Parteien, so Walter, das erinnere ihn an dunkle Zeiten. Herr Boginski stimmte dem grundsätzlich zu, er habe aber auch Verständnis für die schwierige Lage der Gastronomen, die unter den Corona-Maßnahmen bisher sehr gelitten haben.

Ob der Bürgermeister in den Deutschen Bundestag einzieht, werden wir am Sonntag in fünf Tagen wissen. Einen guten Listenplatz hat er ja. Oder es geschieht noch ein Wunder und Annalena Baerbock von den Grünen wird Kanzlerin. Nein, die FDP will ja noch die Grünen überholen und die CSU sieht die Kanzlerfrage noch nicht entschieden. Derweil musste Olaf Scholz in einem Untersuchungsausschuss Frage und Antwort stehen und konnte sich kurz vor der Wahl noch einmal als souveräner Politiker präsentieren. Im Bundestag wehe ein rauher Wind, so sprach Lokalmatador Carsten Zinn zum Noch-Bürgermeister von Eberswalde. Wünschen wir Herrn Boginski ein ebenso souveränes Auftreten und dass sich seine Partei nicht wieder Regierungsgesprächen verweigert.



Ein Mops kam in die Küche ...



Disney-Kitsch und Wahlprognosen

6. Sept. 2021: Wenn man den aktuellen Umfragen glauben mag, sieht es ganz nach einem neuen Bundeskanzler Olaf Scholz aus, der in einem August-Surprise die SPD an der Union vorbeiführte. Kandidat Laschet kann nicht so recht durch seine Person überzeugen und so zwangen die sinkenden Werte der CDU/CSU den konservativen Block dazu, ein Kompetenzteam aufzustellen, mit avisierten Ministerposten. Schön und gut, denkt sich der Beobachter und erinnert sich an 2002, wo Herr Stoiber mit seiner Kompetenzkompetenz auch die Wahl versemmelt hatte. Die Frage ist doch, welche politische Kraft führt die Gesellschaft glaubhaft und entschlossen durch den Klimawandel und lässt dabei die Schwachen nicht zurück. Die Reichen kaufen sich eine Klimaanlage und zwei Elektroautos, während die Armen unter steigenden Lebensmittelpreisen und sich verteuernden Mieten leiden. Man muss sich Klimawandel auch leisten können! Mit diesem Thema werden wir allerdings voraussichtlich die nächsten 1000 Jahre zu tun haben und viele Menschen älteren Semesters sehen es partout nicht ein, die paar Jahre bis zum Friedhof auf ihren PS-Untersatz zu verzichten. Es sind nicht alle Leute wie meine Nachbarin, die nur das Haus kurz per pedes verlässt, um zum Einkauf oder zum Arzt zu gehen. Allerdings kocht sie recht viel. Das gibt Punktabzug! So wie der Klimawandel eine recht zähe Angelegenheit ist, so sind es die Gewohnheiten der Menschen, die sich grundlegend ändern müssen. Ein Tagesausflug per Auto an die Ostsee? Die neuesten Schnäppchen von Kaufland? Der neue 4K-Plasmabildschirm? Muss das wirklich sein? Die kritische Jugend beginnt zu hinterfragen und statt ans Kinderkriegen zu denken, campieren sie in Schlafsäcken vorm Reichstag, um ein Signal zu setzen. Freunde, habt Geduld, für die nächsten 1000 Jahre ...

In der Lokalpolitik versucht sich gerade die Stadt Eberswalde als attraktiver Wohnstandort für großstadtmüde Berliner zu profilieren. Nicht nur, daß etliche Wohnprojekte geplant oder schon umgesetzt sind, auch auf ihrer Internetpräsenz versucht sich die Kreisstadt von ihrer Schokoladenseite zu zeigen. Mit Hilfe eines externen Dienstleisters ist es gelungen, die Stadt aus verschiedenen Vogelperspektiven zu zeigen: zum einen die Altstadt (auch mit Geschäftsansichten), das Gründerzeitzentrum zum Bahnhof hin, Westend, den Familiengarten, Finow und die Messingwerksiedlung. Man wähnt sich beim Betrachten der fließenden 3D-Bilder in einer anderen Stadt. Ist das wirklich Eberswalde? Oder nicht etwa Baden-Baden oder München? Die Experten haben ganze Arbeit geleistet: die Drohne flog bei ausgesuchten Wetter- und Lichtbedingungen, und nachträglich, im Studio drehte man noch den Farbregler auf 200 Prozent. Heraus kam: feinster Disney-Kitsch mit Kaugummigeschmack!

Während die Menscheit noch darüber berät, welchen Weg man im Klimawandel beschreitet, geht die Natur ganz praktische und spontane Wege: was stört, wird einfach beseitigt. Die Krähen hier in der Straße machen es vor: die vielen geparkten Autos behindern sie bei der Futtersuche, also lassen sie aus der Luft Steine auf die Autos fallen, um ihrer Aggression ein Ventil zu bieten. Das ist zwar nur ein hilfloser Versuch, aber doch ein ziemlich intelligenter Ansatz, findet dieser September-Blog.



Zeugnis eines hoffnungslosen Scheiterns

16. Aug. 2021: Man könnte vielen Sachen im Leben dieses Testat ausstellen: die erste Liebe, der erste Job, das erste Auto - Dinge, die meistens in der Katastrophe endeten. Das Leben ist nicht dazu da, immer zu gelingen, sagt sich das junge Kalb auf dem Weg zur Weißwurst. Verzweifelt versucht man den Menschen zu predigen, sie müssten ihren Lebensstil ändern, um zwei Grad oder einen neuen Lockdown zu verhindern. Aber in Wirklichkeit verbraucht Deutschland soviel Ressourcen wie noch nie, setzt soviel Treibhausgase frei wie nie zuvor, und das trotz Virus-Pandemie! Vielleicht nicht trotz, sondern wegen: denn das Autofahren war ja nicht verboten und die Straßen waren voll wie immer, auf der Jagd nach Schnäppchen. Es ist ein grandioses Scheitern. Wie kann man es anders nennen, wenn der höchste Posten, den dieses Land zu vergeben hat, ein Grüßaugust ist. Wenn eine militärische Supermacht wie die USA samt ihrer europäischen Verbündeten Hals über Kopf aus einem islamisch geprägten Gebirgsland fliehen muss, weil die einheimische Truppe nicht willens ist, auf ihre Landsleute zu schießen. Die Deutschen wollten auch nicht auf ihre Landsleute schießen, im Herbst vor 32 Jahren. Dies war jedoch kein Zeugnis hoffnungslosen Scheiterns, wie Bundespräsident Steinmeier nahelegte, sondern ein kurzes Aufflackern eines Begehrens, keine Deutsche zweiter Klasse mehr zu sein, sondern teilzuhaben an dieser Welt: mit Westauto, mit Westschokolade, mit Westklamotten. Letzteres ist leider geglückt, muss man wohl mit Blick auf das Klima sagen. Daran, daß sie Deutsche zweiter Klasse sind, hat sich jedoch nichts geändert. So war der Einsturz der Berliner Mauer gewiss auch ein Zeugnis hoffnungslosen Scheiterns.



Kulturjahr kulminiert im Stahlbau



Programmierer denken anders ...

5. Juli 2021: Wenn man sich mit dem Internet ein wenig auskennt, ist einem das Problem des "denial of service" nicht unbekannt. Dieses Phänomen passiert, wenn sehr viele Anfragen gleichzeitig von verschiedenen Seiten auf einen Server einprasseln, weil die Nachfrage plötzlich nach oben schießt, zum Beispiel durch einen Medienbericht. Manchmal aktivieren aber auch Hacker die weit im Netz verstreuten Bots, um ein Unternehmen anzugreifen und die Webseite durch zig Millionen sinnloser Anfragen lahmzulegen.

Keine Bots, sondern reale Menschen führen gerade zu einem Denial of Service bei unserem Hausmeister. Er verweigert jede Auskunft und schiebt alles auf "die da oben". Von verantwortungsvoller Informationspolitik keine Spur. Was wird nun mit unseren Häusern? Müssen wir alle ausziehen? Ich kann nicht umziehen! Wie hoch steigen die Mieten? Wo sollen wir denn hin? In einen Schwedter Typ ziehen wir niemals! ... Mit solchen Anfragen, oft hoch emotional, muss sich der gute Mann täglich herumplagen und kann nur die Arme heben. Offizielle Schreiben gibt es nicht. Nur Werbebroschüren für Schwedter-Typ Wohnungen mit englischen Fantasynamen. Kann man das noch ernstnehmen?

Man fängt an, selber zu recherchieren: bei dieser gewaltigen Schuldenaufnahme müssen nach der Sanierung und Modernisierung bestimmt über 8 EUR nettokalt verlangt werden, um wirtschaftlich bestehen zu können. Das würde für manche Mieter eine Erhöhung auf 200 Prozent bedeuten! Das ist modernes Raubrittertum. Aber ja, es gebe Sozialwohnungen, sagt der Fördervertrag. Nur für wen? Man liest das Wohnungsbauförderungsgesetz des Landes Brandenburg, stellt fest, daß es wirklich legal "Schaffung von Wohnraum" ist, was man hier vorhat, obwohl in den Wohnungen Mieter leben und stößt auf die Passage zum Wohnungsberechtigungsschein und zu den Einkommensgrenzen.

Prima, denkt sich der Leser, genug wenig Einkommen hat er ja locker, sodass er im 1. Förderweg nur 4,90 EUR nettokalt bezahlen müsste. Aber da gibt es ja noch den WBS. Der Schein ist an Bedingungen geknüpft, ohne den es keine Sozialwohnung gibt. Eine davon lautet: für eine Person maximal zwei Räume (außer Bad und Küche). Die andere Bedingung ist eine maximale Quadratmeteranzahl, die im Gesetz offengelassen wurde.

Bedingungen sind für den Programmierer das täglich Brot, das Einmaleins für den Computer. Wenn jetzt also, wie hier im Gesetz geschrieben steht, das Eine ODER das Andere gilt, heißt das für den Codierer: WIR SIND DURCH! Die Zwei-Raum-Bedingung ist erfüllt, also gibts die Sozialwohnung. Aber Programmierer müssen sich zig-mal absichern. Hat hier der Laie gepfuscht? Kommt alles vor. Also bei der Stadt angerufen und nachgefragt. Man bekommt den Herrn, der die WBS bewilligt, an die Strippe, der folgendes ausführt: Als eine Person steht Ihnen maximal 50 Quadratmeter zu, bei gleichzeitiger Zwei-Raum-Wohnung. Haben Sie diese mit 60 Quadratmetern, bekommen Sie keinen WBS! Wobei er wieder das ODER gebrauchte.

"Guter Mann ..." klärte ich Ihn auf, "hier müsste aber dafür ein UND im Gesetz stehen." Denn beide Bedingungen müssen für ein OK erfüllt sein. Er gab sich geschlagen, meinte aber, es sei so, wie er sagte und das mit den Quadratmetern müsse ich mit dem Vermieter klären. Wenn der Status Quo nun bliebe, wäre das kein Problem. Ich habe 50 Quadratmeter. Nun besagt aber "Schaffung von Wohnraum", daß unter "erheblichem Bauaufwand" bestehende Wohnungen an "neue Wohnbedürfnisse angepasst" werden, für wen das auch sein möge. Das heißt auf deutsch: größere Küche, größeres Bad, zwei Räume, ja, aber plötzlich hätte ich 60 Quadratmeter, bekäme keinen WBS, und bliebe auf einer 8-EUR-Mondmiete sitzen! Bitte, meine Damen und Herren, wir sprechen von Eberswalder Mieten, nicht von Berliner Mieten.

Was also tun? Entweder man behält die Wohnung, hat Glück und sie brechen nicht die Wände durch, ODER man bleibt drin und zahlt kräftig, bis es blutet ODER man gibt sich geschlagen und zieht irgendwohin, wo man einen WBS bekommt. Alles Optionen. Ein UND ist hier nicht möglich. Man muss sich entscheiden. Aber man will kein Getriebener sein, man will nicht das Pferd sein, sondern der Kutscher!



Der Mensch ist keine Immobilie!

12. Juni 2021: Die Deutschen sind ein sonderbares Volk. Während andere europäische Völkerstämme kein Problem damit haben, sich eine Wohnung fest anzueignen, also zu kaufen, bindet sich der Germane zwischen Flensburg und Füssen nur ungern an die eigenen vier Wände. Und das mit gutem Grund: die Arbeit, die Liebe, eine Krankheit oder die Familie erfordern für viele Menschen, nach einer gewissen Zeit, die Wohnung aufzugeben und sich nach einer neuen Bleibe umzuschauen. Was ist, wenn man bankschuldenmäßig bis an sein Lebensende an das Haus gefesselt ist? Dann muss eben die Beziehung halten, komme da was wolle. Dann wird um- und angebaut oder im Notfall verkauft, mit Verlust in der Regel. Und doch wollen selbst die etwas flexibleren Mieter nicht alle paar Jahre umziehen. Ein Umzug ist ein enormer Stress, die Hälfte der Sachen geht den Jordan hinab, vom Geld ganz zu schweigen und wenn man dann glücklich im neuen Heim ist, braucht man Jahre, um sich wieder gemütlich einzurichten und sich zuhause zu fühlen. Deswegen sollte man älteren Leuten einen Umzug unbedingt ersparen. Einen alten Baum verpflanzt man nicht mehr!

Nun geht hierzulande, dank staatlicher Gelder, wieder das Sanierungsfieber los. Alte Blöcke, gestern noch gemieden, sollen der letzte Schrei werden: moderne Grundrisse in verschiedenen Größen, Aufzüge und amerikanische Küchenzimmer. Um die Bauarbeiten zu ermöglichen, erfolgt im großen Maßstab eine Mieterverschiebung. Ein neu hergestelltes Haus wird mit Singles, Witwen und Familien gefüllt, die aus den nächsten Bau-Kandidaten herausgelockt werden, denn "es werde bestimmt laut und schmutzig ..." Viele lassen sich notgedrungen darauf ein, denn Schichtarbeit verträgt sich nicht mit Baulärm oder wollen endlich ein Bad mit Fenster haben. Der Umzug wird zwar bezahlt, doch das eingesparte Geld geht gleich wieder zurück in Form einer höheren Miete, die natürlich markgerecht angepasst ist. Von 4 EUR kalt möchte heute kein Vermieter mehr leben. Und so geht der Reigen weiter und das Mieter-Karussell rotiert über dem ganzen Stadtteil. Es ist ein "Bäumchen-wechsele-Dich", damit immer ein paar Häuser komplett frei sind für die Handwerkerkolonnen. Menschen kann man einfach verschieben, Häuser nicht. Denn der Mensch ist ja keine Immobilie ...



Leichte Kritik im Stadtbild



Pfingsten, das unbekannte Fest

23. Mai 2021: Im sich leider nicht erwärmenden Frühjahr, kurz vor Erreichen der Mittsommernacht, wird ein sonderbares Fest begangen. Eigentlich wird es überhaupt nicht begangen. Man merkt nur, daß mancher Bäcker nicht wie sonst sonntags geöffnet hat (traurige Kunden ziehen wieder von dannen) und daß man noch den Montag gratis als Gammeltag dazu bekommen hat. Gut, manche nutzen das verlängerte Wochenende für den Garten, aber die meisten werden froh sein, mal nichts tun zu müssen.

Aber was sind das für seltsame Feiertage? Pfingsten kommt von dem griechischen "pentekoste" und bedeutet "fünfzigster (Tag)" nach Ostern. Der christlichen Legende nach soll an diesem Tag der "Heilige Geist" auf die Jünger Jesu herabgekommen sein, so daß sie sich als Gemeinschaft begriffen und begannen, ihren Glauben (daß Jesus am Ostersonntag auferstanden ist) aktiv in die Welt zu tragen. Somit wird Pfingsten auch als Beginn der weltweiten Mission und als Gründung der Kirche angesehen.

Zweitausend Jahre später ist hier, in Brandenburg, von der weltweiten Mission nicht mehr viel übriggeblieben. Zu den Gottesdiensten, wenn sie denn stattfinden, kommt gerade noch eine Handvoll Besucher und hört die Predigt in der Gemeinschaft. Was kann heutzutage die Menschen noch von ihrem Sofa herunterlocken, daß sie um 8 Uhr morgens auf den wolkentrüben Marktplatz eilen? Ist es die Kirche? Nein, es sind ofenwarme frische Bäckerschrippen und Brownies zum Kaffee - und die Schlange der hungrigen Leute wird nicht kleiner, während man durch die Glasscheibe junge Bäcker/innen beim Hantieren mit Teigwürsten beobachten kann.

Pfingsten, das unbekannte Fest. Aber halt! Da war doch noch was ... Zu Pfingsten wurde hierzulande, vor langer Zeit, eine große Anzahl von Feiern begangen; zwar nicht der Heiligen und Gläubigen, aber dafür von den Hoffnungsträgern der Nation, von vom Gürtel aufwärts in Blau gekleideten Lehrlingen und Studenten, die sich zu den Pfingsttreffen der freien ostdeutschen Jugend versammelten und spürten, daß sie eine große Gemeinschaft waren und getragen vom Geist (darf man das heute noch sagen?) des Sozialismus.

Der sozialistische Geist, wie der christliche, sind heute weitgehend in Vergessenheit geraten. Es herrscht der Geist des Konsums (endbetont), der Geist der Rentabilität, der Geist des schnellen Geldes, der Geist von Germanys Next Top Model und der Bundesliga. Dies sind die neuen deutschen Religionen und sie werden wöchentlich begangen. Man muß nur ein Premium-Abo haben ...



Tanz in den Mai

1. Mai 2021: Während in der Hauptstadt in Kreuzberg und in Grunewald adoleszierende und in die Jahre gekommene Revolutionäre die Berliner Polizei auf Trab halten, die besonders gehalten ist, auf das Vermummungsgebot zu achten, kann man in der Provinz, wenn man will, bei trübem kühlem und nassen Wetter auf den Marktplatz pilgern, um ein paar Gewerkschafter und politische Aktivisten bei der Selbstvergewisserung und bei den üblichen Reden zu beobachten. Aber eigentlich ist der 1. Mai im Jahreslauf der perfekte Feiertag: Demonstrationen, bei der die Teilnahme Pflicht war, sind lange her, und auch familiär steht man nicht unter Besuchsdruck; es müssen keine Geschenke gekauft und verpackt, und auch keine Grußkarten geschrieben werden, also pure Entspannung für den, der kann und will. Die Tanzlokale der Hauptstadt, Verzeihung, natürlich: die angesagten Clubs sind noch alle zu, wegen der Pandemielage - aber es deutet sich eine leichte Verbesserung an. Die Kreise Oberhavel und Märkisch Oderland sind jetzt auch dem standhaften Barnim gefolgt und sinken unter die ominöse 100-Zahl, d.h. die Geschäfte können wieder für Besucher öffnen, zwar mit Termin und Datenabfrage, aber das wird mittlerweile ganz praktisch gehandhabt. Der Zoo lockt alldieweil Familien mit kleinen Kindern auch am ersten Maiwochenende in die Waldstadt, ein Angebot, das rege angenommen wird und die Besucher fahren mit ihrer Blechkarosse über Stunden, um den Pinguinen beim Planschen und den Löwen beim Gähnen zuzusehen. Die Menschheit jedenfalls kann sich keine Frühjahrsmüdigkeit leisten. Seit einem geschlagenen Jahr ist der Alarm "ganz oben", um Jan Josef Liefers zu zitieren, und viele Menschen sind der Viruszahlen müde. Man kann es nicht mehr hören und lesen, und doch ist man verpflichtet zu schützen und zu helfen. Die Luftwaffe fliegt den Airbus der Kanzlerin nach Neu Delhi, um mit einer Sanitätsstaffel und Beatmungsgerät die prekäre Lage vor Ort etwas zu lindern. Auch andere Nationen helfen Indien, dem Land mit übergroßer Bevölkerungszahl und besonders vielen Armen, dort, wo das Virus leichtes Spiel hat. Derweil stellt man in Deutschland fest, daß die Inzidenzzahlen in sozialen Problemstadtteilen viel höher sind als in gutsituierten Vierteln. Zum einen, weil die Reichen viel mehr Abstand voneinander halten können, zum anderen, weil Migrantenfamilien von der grassierenden Virusinformationskampagne nicht erfasst werden, und auch die geltenden Regeln weniger beachten. Mit vier Kindern in einer Zweizimmerwohnung manchmal schwer umzusetzen und auch das gemeinsame Mahl mit Freunden ist viel wichtiger als bei den Deutschen. Darauf wird nicht verzichtet. Die Deutschen sind lieber für sich, schlucken tagaus, tagein die neuesten Zahlen aus Fernsehen und Radio, und sehnen sich nach dem Frühlingstage, an denen die Cafés wieder öffnen dürfen und man seinen Latte Macchiato bei WLAN und Schwarzwälder Kirschtorte genießen kann. Wohl bekomms!



Frühling in der Stadt



Zum Tag des Frisörs

1. März 2021: Die Haare wachsen, schon seit 17 Wochen, und die Leute beginnen, einen immer freundlicher anzuschauen. Woran kann das liegen? "Mein Herr, schauen Sie doch mal in den Spiegel!" sagt mir eine innere Stimme, doch dazu müsste man erstmal den Spiegel gründlich putzen. Meine Putzfrau hat gekündigt. Sie muss ihre ukrainische Familie versorgen. So bin ich schon seit Herbst meinem Schicksal überlassen, ebenso die dünnen Zumpeln, die aus der Kopfhaut hervorquellen und mit denen die weibliche Schöpfung reichhaltiger gesegnet ist. Man versteht die Welt nicht mehr. Die Menschen geben sich nicht mehr die Hand, gehen sich aus dem Weg, grüßen sich nur verzweifelt aus der Ferne und verlassen ihre vier Wände nur noch für das Allernötigste und selbst die Verwandtschaft, die geliebten Seelen, sahen manche schon seit Monaten nicht mehr. Man versteht so vieles nicht. Was leben wir in für einer Zeit? Wöchentlich, täglich, sogar stündlich hört man neue Zahlen im Radio: da ist von Zehntausenden, von Hunderten und von Zehnern die Rede und kaum einer kann sich darunter etwas vorstellen. Was soll diese Zahlenjongliererei? Ist das eine andere Form von Schulunterricht? Dann wird wieder etwas verkündet und beschlossen, und fünf Tage später dann das Gegenteil gemacht. Wer kennt sich da noch aus? Es regiert das Chaos, jawohl, das Chaos! Gesicherte Existenzen stehen von heute auf morgen vor einem Scherbenhaufen und können nur zusehen, wie die Leute von draußen winken. Sie dürfen nicht herein. Wer maßt sich so etwas an? Wer hat so eine Macht? Vor etwa einem Jahr, als das alles anfing, regierte die blanke Angst, das Entsetzen. Bilder mit tausenden von Särgen fluteten die Kanäle und die Menschen kamen offenbar gar nicht mehr von der Toilette runter. Die Straßen waren leer, die Busse waren leer, die Nudelregale waren leer. Alle hatten Angst. Aber wovor? Niemand hatte es gesehen, man konnte es nicht zählen und doch war es da. Man machte sich lustig über fremde Völker, die auf der Straße hellblaue Stoffe zwischen Kinn und Augen trugen, nur eine brutale Diktatur wäre dazu imstande, die Menschen so zu dressieren, so der Tenor der Kommentare. Schon damals wuchsen die Haare. Aber es war Frühling, die Sonne strahlte von Tag zu Tag immer heller, und dann war das seltsame Etwas auf einmal verschwunden. Die Haare wurden wieder ordentlich geschnitten und man konnte wieder in den Zoo gehen, zu seinesgleichen. Doch auf einmal gab es einen Überschuss an diesen hellblauen Stoffen, irgendwer hatte wohl eine Milliarde Stück bestellt, und so mussten auch wir, obwohl von einer Diktatur meilenweit entfernt, diese Fetzen tragen, die man vollrotzte, die an den Ohren kniffen und die ab da an die Straßen und Grünanlagen vermüllten. Nur wegen diesem rätselhaften Etwas, das in der Luft lag? Die Zahlen schwirrten wieder herum, von Tag zu Tag wurden es mehr Zahlen, man setzte Marken und Grenzen, und hoffte doch aufs Weihnachtsgeschäft. Das rätselhafte Etwas eroberte die Altenheime und Krankenhäuser, und die dort Beschäftigten appellierten und riefen: "Tut etwas! Wir können nicht mehr ..." Also fingen die Haare wieder an zu wachsen und sie wuchsen seitdem ununterbrochen ...



Lockdown, Jesus und der Nikolaus

10. Dez. 2020: Der Advent ist eigentlich die schönere Zeit als das Drumherum an Heiligabend. Alles ist schön geschmückt, die Christmas-Songs erklingen im Radio, man kauft die ersten Geschenke ein, verpackt sie liebevoll und manche Zeitgenossen bescheren ihre Lieben schon am Nikolaustag. Ich muss zugeben, das ist mir sehr sympathisch. Wenn man sich an Heiligabend auf die christliche Botschaft, evtl. auf einen Gottesdienst und auf Besinnlichkeit konzentriert, reicht das meines Erachtens völlig aus. Doch was machen wir seit Martin Luther? Weihnachten endet regelmäßig im Overkill. Und statt sich über Jesus zu freuen, sind alle unzufrieden über die Geschenke und die Verwandtschaft geht sich langsam auf den Keks. So kam der Stress in die Welt. Vernünftige Zeitgenossen entzerren die Zeit also mit der Bescherung zu Nikolaus und im Advent.

Daß es dieses Jahr keine Weihnachtsmärkte gibt, ist wirklich schade und ein echter Verlust, nicht nur für die Händler. Dabei ist man doch an der frischen Luft und der Glühwein würde jedes Virus mühelos töten. Nun reicht das alles nicht, sagt die Bundeskanzlerin und malt schon wieder Familienbegräbnisse an die Wand. Nach Weihnachten, so pegelt sich die aktuelle Stimmung ein, soll es einen schärferen Lockdown geben und nicht nur Theater, Kinos, Konzerte, Freizeitsport, Museen und Tierparks sollen betroffen sein, nein, sondern wahrscheinlich auch alle nicht lebenswichtigen Geschäfte müssen wohl wieder schließen. Meine arme Buchhändlerin!

Doch was erreicht man dadurch? Die Leute stürzen sich dann vor Weihnachten noch stärker als sonst in den Einkauftrubel, weil, nach dem Fest soll ja alles zu sein. So verhilft politischer Aktionismus nicht nur dem Virus zu größeren Umsatzzahlen, sondern der allgemeine Weihnachtsterror wird unnötig gesteigert und nach dem Fest kommt was? Totenstille? Leere Straßen, leere Städte, leere U-Bahnen? Von wegen! Die Leute fahren weiter wie eh und je mit ihrem SUV vorm Supermarkt vor und an den Kassen der Discounter werden sich weiter die Schnäppchenjäger drängeln, denn Angebote gibts natürlich trotz Lockdown weiterhin. Die Menschen haben keine Angst mehr vor diesem winzigen Störenfried, namens Coronavirus, und ob sich eine Familie trifft oder nicht, kann keine Polizei der Welt kontrollieren. Es wird Zeit, daß geimpft wird ...



Von Toiletten, Apotheken und fehlenden Jugendtreffs

24. Sept. 2020: Im Hubschrauberlärm eines Noteinsatzes am Pennymarkt gingen die Worte des Vorsitzenden unter, aber auch sonst konnte man nur ahnen, über welche Punkte jetzt abgestimmt werden sollte. An der Technik lag es sicher nicht. Die Worte einer älteren Dame, die in der einleitenden Einwohnerrunde ihre Anliegen vortrug, konnte man sehr gut verstehen. Zum einen ging es um das Problem, daß man im medizinischen Notfall zwar ein Rezept bekäme, aber oft nur eine Notdienstapotheke erreichen könne, die in Joachimsthal, Oderberg oder sogar Bad Freienwalde Dienst tut. Das sei für die Eberswalder Einwohner, die über kein Auto verfügten, unzumutbar, erklärte die resolute Dame. Bei zehn Apotheken vor Ort müsste es doch möglich sein, daß jeweils eine immer geöffnet hat. Dies sei ein Auftrag an die Stadtverordneten, sich des akuten Problems anzunehmen. Dr. König aus der Stadtverwaltung erklärte, dazu müsse man sich mit der Landesapothekenkammer in Verbindung setzen, aber er wisse von Apothekern, daß es oft einfach unverhältnismäßig sei, daß eine Apotheke wegen zwei Notfällen in der Nacht aufhabe. Auch seien die Notdienste gesetzlich geregelt, sodaß es leider manchmal dazu komme, daß den Betroffenen empfohlen werde, mit dem Zug oder mit dem Taxi zu einer 20 km entfernten Apotheke zu fahren. Ob ein akut kranker Mensch dazu überhaupt in der Lage ist, wurde nicht erörtert. Der Vorsitzende bat, sich kurz zu fassen, und so trug die Einwohnerin noch das Problem der wenigen geöffneten Sanitäreinrichtungen rund um den Marktplatz vor und daß diese sehr oft verschmutzt seien. Stadtverordneter Zinn ergänzte, es sei sehr ungünstig, daß die Toilette im Paul-Wunderlich-Haus nicht mehr von der Kreisverwaltung aus zugänglich ist, sondern nur noch für Gäste des Café Gustav. Frau Fellner vom Bauderzernat appellierte an alle Bürger, die Toiletten sauberzuhalten, denn es sei nicht zu leisten, nach jeder Benutzung eine Putzkraft hineinzuschicken. Am Schluß ihrer kurzen markanten Rede bemängelte unsere Einwohnerin noch, daß die Jugendhütte in Finow abgebaut wurde, aber kein annehmbarer Ersatz geschaffen wurde. Wo sollen denn die Jugendlichen heute hin, fragte sie. Discos wie in Kruge vor 20 Jahren gebe es nicht mehr. Da sei manches im Argen ...



Feté de la Viertel

5. Sept. 2020: Kiezfest im Brandenburgischen Viertel: Diesmal war alles räumlich getrennt. Am Vereinshaus der 1893 eG versuchte sich ein einsamer Gitarrenspieler an den ersten Tönen vor noch leeren Stühlen. Den ganzen Vormittag hatte es geregnet. Im Haus war das Studio für Guten Morgen Eberswalde während der Coronazeit untergebracht, das Live- sendungen ins Internet produzierte. Jetzt werden die Räume in der zweiten Etage für die Galerie Fenster umgebaut, weil am jetzigen Standort (siehe Foto) bald der Rückbau vonstatten geht. Beim Kontakt e.V. - der Wirkungsstätte unserer Russlanddeutschen - ließ Frau Schäfer Lose ziehen und man bekam ein Überraschungsgeschenk für 1 EUR. Tee war nicht nach dem Geschmack des Besuchers, er suchte den Bratwurststand. Am Potsdamer Platz war etwas mehr los. Am städtischen Stand bat eine junge Dame von der Stadtentwicklung um Vorschläge für die Aufwertung des Quartierseingangs WEST und notierte sich diese. Beim Quartiersmanagement half ein junger Mann aus Franken beim Verteilen von Prospekten und Kuchen (umschwirrt von Wespen), während gleich daneben ein Eberswalder Judoka-Großmeister (79) auf Verlangen fast die Rolle demonstriert hätte, nur wegen dem Knie ginge das jetzt leider nicht. Lady Undertone sorgte derweil für Musik und Stimmung und die kleinen Kiezbewohner beschäftigten sich mit Mattencurling. Wieder keine Bratwurst! Hurtig zur Spreewaldstraße, zum Buckow-Verein. Dort vorm Haus gab es eine Stand-Up-Performance: Schortie Scheumann, Berliner Schauspieler und Eberswalder Urgestein trug einen Brecht-Klassiker vor, für den es Szenenapplaus gab. Das Messer, das sah man nicht, und die anwesenden Damen luden zum Verweilen ein. Nein, hier gab es auch keine Bratwurst! Nach einem Bach-Trompetensolo und einem Duett-Kanon zog man auf der Suche nach fester Nahrung weiter. Stimmen erschollen vom Hof des Dietrich-Bonhoeffer-Hauses und ein wohlbekannter Duft stieg in die Nase. "Wir haben die beste Bratwurst weit und breit!" verkündete stolz die junge kurzhaarige Dame am Stand. "Wollen Sie mit Brötchen? Senf und Ketchup ist dort ..." Wieder wechselte harte Währung den Besitzer und in Ruhe die nichtvegane Wurst verspeisend, schaute man sich den Spielplatz und den Trubel im Hof an. So, das war lecker! Nun ab nach Hause, da wartet noch der Eintopf mit Sellerie, Möhre und Pastinaken für den halbgefüllten Magen ...




BRAND.VIER - mehr als nur Symbolik

Die vier Bauabschnitte des Brandenburgischen Viertels werden saniert

7. Juni 2020: Bauingenieurin Beatrice Reich macht eine Bestandsaufnahme: beengte Treppenhäuser, alte Fußbodenbeläge, Papptüren, üble Gerüche, veraltete und defekte Sanitärtechnik, tropfende Wasserrohre, Elektrokästen mit Museumswert, Ein-Rohr-Heizung, keine Fliesen in den Bädern, defekte Balkonbrüstungen und abblätternde Farbe an den Balkonen, Fenster und Griffe aus DDR-Zeiten, ungedämmte Kellerdecken und alte Holzverschläge als Kellertüren - für solche Wohnungen finde sich heutzutage kein Mieter mehr, so die 60-jährige Köpenickerin, die in der Genossenschaft eine neue Aufgabe anpackt, nämlich die Aufwertung des gesamten Wohnquartiers für "genossenschaftliches, ökologisches und klimafreundliches Wohnen in der Zukunft". Eigentlich sollte es schon 2019 losgehen, aber die Verhandlungen mit den Fördermittelgebern zogen sich etwas hin und auch die Eberswalder Politik musste erst der Kooperationsvereinbarung zustimmen, inclusive des äußerst unpopulären Abrisses von drei Leerstandshäusern. Mit dem nun in Angriff genommenen Block der Havellandstraße beginnt der Sanierungsreigen, der die Arbeit des nächsten Jahrzehnts bestimmen wird. Neben einer modernen und optisch ansprechenden Fassade, bekommen viele Häuser Aufzüge, eine Strangsanierung, Doppelrohrheizung, neue Fenster, sanierte Bäder, eine neue Elektroanlage und einen Gemeinschaftsraum für Feiern und Hausversammlungen. Auch das Kochen soll von Gas auf Elektro umgestellt werden. Volker Klich, Vorstand der Wohnungsgenossenschaft 1893 eG, zeigte sich überzeugt, daß das Viertel "schon in wenigen Jahren wieder ein sehr attraktives, lebenswertes und begehrtes Wohngebiet sein wird". Das Brandenburgische Viertel ist der jüngste Stadtbezirk von Eberswalde: 684 Kinder lebten Ende 2018 hier und jeder vierte Einwohner ist unter 25 Jahren.

Quelle:
Genossenschafts-Geflüster der Wohnungsbaugenossenschaft Eberswalde-Finow eG vom 19.11.2018




Überlegungen zu SARS-CoV-2

15. Mai 2020: Während Alexander Kekulé aus Halle an der Saale nicht viel davon hält, hat sich in der praktischen Politik die Meinung des Charité-Virologen Christian Drosten durchgesetzt, der sich für einen strikten Lockdown der Gesellschaft starkgemacht hat. Auch die gegenwärtige Lockerungsphase hält er für gefährlich und vergleicht sie mit einem "Tanz mit dem Tiger". Das RKI hat sich die Tage dazu durchgerungen nicht täglich wechselnde Reproduktionszahlen zu veröffentlichen, sondern nimmt jetzt einen Mittelwert der letzten sieben Tage. Dem Institut wurde schon vorgeworfen, bewußt höhere Werte zu kritischen Gremiengesprächen zu veröffentlichen. Momentan bewegt sich das Infektionsgeschehen auf niedrigem, aber stabilen Niveau - bei ca. 900 Neufällen - und Alexander Kekulé befürchtet, schon dieses niedrige Niveau könnte durch die Gesundheitsämter auf Dauer nicht nachzuverfolgen sein. Das entspräche nämlich 3-4 Fälle pro Landkreis, was einen Rechercheaufwand von 300 Kontakten pro Tag bedeuten würde. Unterdessen mehren sich die Anzeichen dafür, wie die Süddeutsche Zeitung am heutigen Tage berichtete, daß das SARS-CoV-2-Virus nicht nur hochansteckend ist, sondern die Viren auf winzigen Aerosolen der Atemluft im Raum schweben können und das über mehrere Stunden. Das bedeute zum Beispiel für die Gastronomie: viel lüften, Einsatz von Ventilatoren und bevorzugte Bewirtung im Freien, wie Dr. Drosten dringend empfahl. Mit der Aerosolthese ließe sich der Gebrauch der Masken im öffentlichen Raum noch stärker begründen, da diese vom Gewebe gefiltert werden, wenn auch nicht zu 100 Prozent. Ob die Maskenpflicht jedoch einen nennenswerten Effekt auf das Infektionsgeschehen hat, lässt sich nicht seriös ermitteln. Auch welchen Anteil der starke Lockdown der Gesellschaft hatte, welchen Anteil die Abstandspflicht und welchen Anteil das allgemein wärmere Wetter, das alles lässt sich nur vermuten. Sicher sind nur die Zahlen der Steuerschätzung für 2020. Die Experten gehen von staatlichen und kommunalen Mindereinnahmen von insgesamt 98.000.000.000 Euro aus. Das ist nicht nur ein Loch im Haushalt des Landes, das ist die schwerste Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg. Und das sind nur die zählbaren Verluste. Die psychologischen und gesellschaftlichen Schäden durch die Art, wie wir mit dem Mikroorganismus umgegangen sind, lassen sich noch gar nicht überblicken. Abgesehen von diesem Negativen, gab es auch Menschen, die von der Entschleunigung des Lebens angetan waren und neue, einfachere Wege beschreiten konnten.




Den Sozialismus in seinem Lauf ...

11. Mai 2020: Von den demokratiefeindlichen Medien geschürt, kehren immer mehr verblendete Elemente unserer Verfassung den Rücken und ignorieren die Anweisungen der Sicherheitsorgane. Ohne Abstände einzuhalten und mit aggressiven Parolen der Konterrevolution ziehen sie durch unsere Straßen und scheren sich einen Dreck um die Aufrechterhaltung unseres sozialistischen Gemeinwesens.

Man darf sich nicht täuschen: dies sind nur vereinzelte Grüppchen, die übergroße Mehrheit des Volkes, das hat man bei den Wahlen erlebt, steht fest an der Seite der Regierung und auch die letzten Umfragen des Zentralorgans der SED bestätigten diese unumstößliche Tatsache. Wie sagte doch der führende Vertreter unserer Republik auf dem letzten Parteitag: "Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf! Die notwendigen Kontaktbeschränkungen werden auch noch in 100 Jahren bestehen bleiben, sofern kein Gegenmittel gegen das staatsfeindliche Virus der Republikflucht gefunden ist."

Man fragt sich wirklich: Was versprechen sich diese aufgewiegelten Menschen von der BRD? Wollen sie wirklich in sogenannten Supermärkten einkaufen, die von schwarzgekleideten SS-Männern bewacht werden? Wollen sie sich vorschreiben lassen, mit wem sie sich treffen dürfen? Dürfen ihre Kinder nicht mehr auf Spielplätzen spielen? Wollen sie wirklich ihr Geld in den Rachen weniger Konzernbesitzer werfen? Wollen sie etwa Drogen auf Balkonen züchten?

Unsere DDR-Bürger können das nicht wollen. Sie streben weiter den friedlichen Aufbau des Sozialismus auf deutschem Boden an und werden sich von den staatsfeindlichen Umtrieben abwenden. VORWÄRTS zum 40. Jahrestag unserer Republik!

BERLIN - Hauptstadt der DDR, 1989
Vergleiche zur jetzigen Situation sind rein zufällig.




Das Virus, es hat uns!

28. April 2020: Seit gestern gilt die Maskenpflicht im Land Brandenburg. Sozusagen ein Vermummungsgebot. Ich weiß nicht, ob ich die Einmalgebrauchsmaske aus der Apotheke für den Gang zum Bäcker nehmen soll, oder mir einfach ein kochfestes Taschentuch vor den Mund halte. Ich entscheide mich für die wirtschaftlichere Variante und warte brav vor der Tür, bis der der zweite Kunde den Laden verläßt und trete ein. »Bhuutn Mhhoon, heen Bhhuuashonn bhüpphe!« Die Verkäuferinnen, auch mit Mundschutz, rätseln: »Whash bhüpphe mhhäshhde dher Hhäärr?« Ich wiederhole: »Heen Bhhuuashonn bhüpphe!« Die Dame hinterm Tresen: »Ooch, Shie mhheen heen Bhuuassont, whhie öhmmr, sha?« »Mmhh, mmhh!« bestätige ich meinen Croissant-Wunsch und bezahle. Ich denke mir, die Politik weiß eben unser aller Leben zu erleichtern in dieser schwierigen Zeit.

Letzte Woche mußte ich mit dem Obus in die Stadt, weil ich wegen Rückenschmerzen nicht Fahrrad fahren konnte. An der Haltestelle: Eine Dame trägt ihre selbstgenähte Maske lässig unten am Hals, wer weiß wie lange schon und als der Bus kommt, wird sie zum Zorro, oder auch zum Michael Jackson. Im Bus sonst keiner mit Maske, es war ja zu diesem Zeitpunkt auch noch keine Pflicht. Am Westend-Kino steigen zwei ältere Semester zu, beide mit hellblauen Apothekenmasken und setzen sich mir gegenüber. Ich fühle mich plötzlich so nackt im Gesicht, schaue meine Gegenüber an, kann aber nicht enträtseln, was sie gerade denken. Nur ausdruckslose Augen starren aus dem vermummten Gesicht. Ich fühle mich wie in einem Horrorfilm und bin froh, am Karl-Marx-Platz aussteigen zu dürfen.

Nun, heute, da meine Rückenschmerzen vorüber sind, werde ich den Teufel tun und noch einmal Bus fahren. Da tut mir der Öffentliche Nahverkehr echt leid. Jetzt ist private Mobilität angesagt und der Verkehr auf den Straßen scheint dem Recht zu geben. Wer will schon in ausdruckslose Maskengesichter starren, bedeckt mit chinesischen Einwegtüchern, die seit zwei Wochen im Dienst sind? Das Virus, es hat uns. Aber es sitzt vor allem im Kopf und nicht in der Lunge ...




Nach den großen Beschlüssen ...

23. März 2020: ... der letzten Woche sieht es so aus: Montag zur Mittagszeit, der Supermarkt ist gähnend leer. Am Flaschenautomaten sind 2 m Abstandsspuren auf dem Boden. Ich drücke die Taste mit einem Tempotuch. Kaum ein Kunde in den Gängen und alles gut gefüllt, außer Toilettenpapier und Milch. Bunte Eier zu Ostern, sehr schön! An der Kasse auch 2 m Abstände, der Kassierer mit Mundschutz. Ich warte brav und lege meine Einkäufe aufs Band. Hinter mir stürmt ein Kunde ans Band und legt seine Sachen gleich neben meine. "Bitte warten Sie!" sage ich und schiebe ihn weg. Der Kassierer ermahnt den Kunden auch: "Halten Sie den Abstand ein!" Der Angesprochene zückt sein Taschentuch und schneuzt sich.

In den Bäckerladen dürfen nur maximal 2 Personen rein. Draußen steht ein Grüppchen Leute, die offenbar nicht bis drei zählen können und unterhalten sich: "Wenn wir nicht machen, was die Merkel sagt, kommt die Ausgangssperre." Schlüsse werden daraufhin keine gezogen. Im Radio berichten Reporter von Menschen, die sich noch unbekümmert verhalten und kommentieren das so: "Wenn Dummheit Strom erzeugen würde, könnten alle Kohle-und Atomkraftwerke abgeschaltet werden und die erneuerbaren gleich mit!"

Der Berliner Verkehr wird ausgedünnt. Es gibt bis zu 60 Prozent weniger Fahrgäste, berichtet die BVG-Sprecherin. Manche Tram- und S-Bahn-Linien fahren gar nicht mehr. Man solle dafür Verständnis haben, denn es mache keinen Sinn, "warme Luft durch die Gegend zu fahren." Nur der Berufsverkehr werde stabilisiert.

Der Präsident des Robert-Koch-Instituts äußert am Montag leichte Hoffnung, daß die Neuinfektionen nicht mehr exponentiell wachsen. Genauere Datenlage erst am Mittwoch. Die getroffenen Maßnahmen könnten Wirkung zeigen. Genau wie das Wetterhoch über Moskau, das trockene Luft bringt und starken Sonnensein. Ein Virologe wurde in der Zeitung zitiert, das Virus sei sehr anfällig gegenüber Austrocknung. Also doch nicht alles schlecht, was aus dem Osten kommt.

Während die in China getroffenen Maßnahmen im Lokalblatt als "brutal" beschrieben werden, sterben in Italien jeden Tag fast 1000 Menschen. Warum in Deutschland keine solche Todeszahlen zu vermelden sind, kann sich niemand erklären. Spanien und Frankreich, auch Großbritannien trifft es jetzt hart. Kliniken im Saarland und Rheinland-Pfalz nehmen französische Patienten mit auf. Italien bekommt das aufrichtige Mitgefühl vom Bundespräsidenten Steinmeier und ein paar Lieferungen medizinischen Geräts. Moskau schickt drei Brigaden Rettungstrupps in die Provinz Bergamo, wo das Virus die meisten Opfer bisher forderte. Ein italienischer Fußballprofi wird zitiert: "Wir haben zu spät aufgehört mit der Liga!" Fußball sei eben doch nicht alles ...




Sie wollen Strom sparen?

Ökologie in der Praxis:

25. Febr. 2020: Viele Haushalte ächzen unter steigenden Kosten: die Lebensmittel, die Miete, die Nebenkosten - alles ufert aus. Wie kann man sich etwas finanziellen Freiraum verschaffen, ohne daß die Lebensqualität darunter leidet? Hier ein paar unkonventionelle, aber auch radikale Tipps, wie man sein Leben wieder in den Griff bekommt:

Ein kleinerer Kühlschrank geht auch

Dieses Haushaltsgerät läuft immer. Eine geringere Leistung macht sich direkt in der Stromrechnung bemerkbar und: braucht man wirklich soviel Platz zum Einfrieren, oder ist es eher ein Ort, wo Lebensmittel vergessen werden?

Verschrotten Sie den Fernseher!

Mal ehrlich: Schauen Sie den Blödsinn im Fernsehen nicht nur aus Langeweile? Nehmen Sie mal ein Buch aus dem Regal oder durchstöbern Sie alte Zeitschriften! Es reicht auch, wenn man die Nachrichten einmal am Tag im Radio hört. Besondere Effekte erzielt dieser Tipp in Haushalten, wo die Glotze aus Prinzip den ganzen Tag läuft. Mit dem Kühlschrank zusammen ist das schon die halbe Miete.

Internet geht auch ohne Router!

Daß Sie Energiesparlampen eingeschraubt haben, versteht sich von selbst. Aber wissen Sie, was Ihnen noch die Groschen vom Konto frißt? Das ist der Router mit Internet-Flatrate. Das Teil sendet 24 h am Tag ein WLAN aus. An der Wärme des Gerätes identifizieren Sie einen kleinen Stromfresser. Muss alles nicht sein. Internet geht auch per Handyvertrag, indem Sie im Smartphone den Hotspot aktivieren und so nur im Bedarfsfall Ihren Computer mit dem Internet verbinden. So vermindern Sie die Strahlung eines WLAN, sparen sich die Home-Flatrate-Gebühren und den Stromverbrauch des Routers. Dann sind Sie schon ein Fortgeschrittener ...

Der Schnickschnack in der Küche ...

Es ist zwar manchmal bequem und vorteilhaft, wenn man über einen Toaster, einen Grill oder eine Mikrowelle verfügt. Doch erstens müllen Sie sich damit Ihre Miniküche zu und zweitens sind das unnötige Stromfresser. Auch ein Heizkissen ist nicht besser als eine Wärmflasche, sondern muss ständig im Auge behalten werden.

Wenn Sie diese Tipps umgesetzt haben, werden Sie auch keinen Besuch mehr von Stromfirmen-Vertretern bekommen. Sie sind dann einfach nicht mehr interessant genug!




30 Jahre Mauerfall - das Ende des Sozialismus

9. Nov. 2019: Manch einer wird sagen: das waren damals unglückliche Vorgänge mit Gorbatschow und Schabowski, aber daß der Umbruch mit einer solchen Schnelligkeit und Dynamik daherkam, das lag auch am gesellschaftlichen Grundproblem im ostdeutschen Staat. Nicht nur, daß die halbe Welt für die meisten DDR-Bürger eine Terra incognita war, unerreichbar, unerforschbar, versperrt durch ein tödliches Mauerregime; das eigentliche Dilemma war die Unfreiheit im Geiste und im Beruf. Die ideologischen Vorgaben wurden durch die Partei vorgesetzt, was darin gipfelte, daß nummerierte Losungen des Zentralkomitees zum 1. Mai herausgegeben wurden, damit die Werktätigen ja wüssten, wofür und wogegen sie auf die Straße gingen. Das ideologische Korsett begann schon in der Schule und wurde mit Universität und Parteischulungen immer stärker. Karrierebewußte Menschen ließen sich gerne für SED und Geheimdienst anwerben und wer nicht in der Partei war, bekam eben keine Beförderung, weniger Gehalt und keinen FDGB-Urlaub an der Ostsee. Der Staat wähnte sich sicher mit 3 Millionen Parteimitgliedern und Hunderttausenden inoffiziellen Mitarbeitern, aber die Mehrheit der Bevölkerung und die einfachen Leute waren einfach nur frustriert, mit steigendem Druck im Kessel. Als Ungarn dann die Grenze zu Österreich aufmachte, bot sich ein ungeahntes Ventil, durch das die Wut schoss und die Bresche wurde immer größer und war am Ende nicht mehr zu schließen. Als am 4. November 1989 eine halbe Million Menschen auf dem Alexanderplatz die Repräsentanten des Staates auspfiffen, waren die Tage der DDR gezählt.




Tantchen SPD auf dem Marktplatz

29. März 2019: Am Mittag des gestrigen Tages erregte ein knallrotes Gefährt in Transportergröße die Passanten zwischen Gustav und Rathaus, darauf zu lesen in weißer fetter Schrift: "SPD im Bundestag" und etwas kleiner: "Gekommen um zu hören". Aber es kam offenbar noch niemand. Ein ganzer Auflauf von Menschen versammelte sich vor einem kleinen grauen Zelt, darin ein paar Tische und davor die lokalen Parteigenossen, von alt bis jung, in Erwartung des hohen Besuchs. Ringsherum postierten sich Kamerateams von Tagesschau bis rbb und auch Fotografen/innen lauerten an jeder Ecke auf den finalen Abschuß. Wer würde hier wohl kommen, war die Frage? Dem Polizeiaufgebot zur Folge, wahrscheinlich irgendein hohes Tier. Die Bundeskanzlerin? Nein, die ist ja nur inoffizielles Mitglied und außerdem gäbs dann eine richtige Bühne zum richtig loslegen. Nein, es war ja nur die SPD. Was haben die Sozialdemokraten in letzter Zeit nicht alles einstecken müssen: im Osten bei den jüngsten Wahlen weit hinter die AfD zurückgefallen und mit einem unglücklichen Kanzlerkandidaten bei der letzten Bundestagswahl, der zuerst als Messias gefeiert wurde, dann sich aber im entscheidenden Fernsehduell jämmerlich blamierte. Martin, Martin ... Franz ist nicht mehr, Peer ist nicht mehr, Siegmar ist nicht mehr, Frank-Walter ist im Bellevue geparkt, Gerhard ist jetzt Weltbürger und Oskar ist nachhaltig fremdgegangen. Nun sucht man sein Heil im Hubertus und in der bodenständigen Andrea, deren Mundwerk noch keinem Skandal ausgewichen ist. Die Frage lautet: Gerechtigkeit! Das war schon immer das Thema der Sozialdemokraten, nur gab es durch die unpopulären und ausufernden Hartz-IV-Bestimmungen in den letzten Jahren immer schlechte Presse und kaum jemand bemerkte die grundlegenden Erfolge, die diese Reform ermöglichte. Nun will sich die SPD, die angeblichen Experten und Umfragen schon immer vertraut hat, von dem Betonfuß Hartz-IV trennen und wieder Oberwasser bekommen.

Die gute alte Tante müsste von den guten alten Zeiten schwärmen, als die Sozis den Kaiser und Bismarck dazu brachten, ein Rentensystem einzuführen, das noch heute der Grundpfeiler dieser Gesellschaft ist. Sie müssten daran erinnern, daß die Sozialdemokraten mit die ersten waren, die in den KZs der Nazis verschwanden und daß sie nach dem Desaster des Ersten Weltkrieges die einzige politische Kraft war, die wieder Ordnung und Gerechtigkeit ins geschundene Land bringen konnte, inklusive Frauenwahlrecht. Und sie müsste an den Ehrenvorsitzenden Willy Brandt erinnern, der mit seinem Kniefall in Warschau eine Wende in der Ostpolitik der alten Bundesrepublik einleitete, hin zu einer Entspannungspolitik mitten im Kalten Krieg der sich feindlich gegenüberstehenden Militärblöcke des Westens und des Ostens. Auch Herbert Wehner sollte nicht vergessen werden, den streitbaren Redner im Bundestag. Aber das sind alles alte Zeiten. Nun heißt es vorwärts schauen. Doch in die Zukunft zu sehen, ist eine seltene Gabe. Ein Experte würde sagen, nein, besser noch: ein Orakel, daß die SPD das Potential dazu hätte, die Parteienlandschaft der BRD völlig umzukrempeln. Wenn sie sich nur geschickt anstellen würde. Das Orakel verschwiege nur die inklusive Möglichkeit des völligen Untergangs. Nein, sowas will keiner hören! Schon gar nicht die führenden Genossen, diesmal Olaf und Katharina, die den Eberswaldern an diesem Tag aufs Maul schauen wollen: Gekommen um zu hören. Das Fernsehen bekam seine Bilder, die Presse bekam ihr Foto und einen Hauptartikel in der Lokalzeitung, und die Hundertschaft der Polizei sorgte für ein überwältigendes Sicherheitsgefühl, daß es einem potentiellen Messerangreifer schwer fallen würde, seinen krankhaften Wahn in Ausführung zu bringen, wie geschehen beim armen Oskar. "Wissen Sie, wer hier kommen soll?" wurde eine schußbereite Fotoreporterin gefragt. "Der Finanzminister und die Bundesministerin für Justiz" war die Antwort. Ungläubiges Staunen: "Wer soll denn das sein?" Das hat man nun davon, wenn man kein Kunde der Qualitätsmedien des Landes mehr ist ...




Ausdauer zahlt sich aus

11. März 2019: Der Freitagnachmittags-Einkäufer bewegte sich vom Drogeriemarkt am Westend-Center, wo er eine Veleda-Seife für 4,25 € eiskalt stehen ließ und dafür eine für 49 Cent kaufte, zum großen Verbrauchermarkt mit den vier großen roten Lettern. Er machte sich den Spaß, weil die Zeit nicht drückte, die Anzahl der angebotenen Produkte zu zählen. Kurz nach der Obst- und Gemüseabteilung war er schon bei 500, und zusammen mit der Butter- und Wurstabteilung inclusive Nüssen und Müsli waren es schon 1000. Mit Brot und Käse, Quark und Joghurt kamen noch einmal 1000 dazu. In einem großen Gang, wo zum Beispiel Marmelade und Kaffee steht, oder Nudeln, Reis und Backzutaten, sind es auch jeweils tausend. Bei sechs Gängen kommen also nochmal 6.000 hinzu. Die Chefin räumte gerade bei den Putzmitteln und bestätigte dem Wissensdurstigen: "Wir haben weit über zehntausend Produkte." Leider, so der Fragende, nutze er davon nicht einmal 1 Prozent. "So ist das ..." resümierte Frau Graep. Eine Tasse Kaffee und ein Stück Bienenstich belohnten den ehrenamtlichen Inventaristen in der angrenzenden Bäckerlounge. Dazu verspeiste er eins der zehntausend Listenprodukte. Plötzlich kam der rotgekleidete Backstandverkäufer und bot dem Freitagnachmittagsgast noch eine Tasse Kaffee gratis an. Ein Kunde hätte schon bezahlt, musste aber - aus welchen Gründen auch immer - dringend aufbrechen. Dazu sagte der Gast nicht nein und bedankte sich für die 2. Tasse cremigen Bohnenkaffee. Man muss nur lange genug warten können ...




Eine Hommage an Bertolt Brecht

"Mackie Messer - der Dreigroschenfilm" im Westend-Kino:

29. Okt. 2018: Alles fängt damit an, daß die Uraufführung der "Dreigroschenoper" kurz vor dem Scheitern steht. Schauspieler schmeißen hin, Requisiten brechen zusammen und der Theaterleiter verlangt Änderungen bei zu freizügigen Passagen. Mitten im ersten Akt versagt die Drehorgel ihren Dienst, doch ein grandioser Schauspieler rettet mit dem "Haifischsong" die Szene. Am Ende feiern die Zuschauer das Stück, nicht zuletzt wegen der eingängigen Musik von Kurt Weill. Die "Dreigroschenoper" wird ein überwältigender Erfolg. Nun melden sich andere Begehrlichkeiten. Die Filmindustrie erwirbt die Rechte am Stück, doch Brecht will nach seinen eigenen Vorstellungen den Film inszenieren, nicht nach den Regeln des Filmmarktes. Damit beginnt ein überwältigendes Panorama an Bildern: Maceath, dem Anschein nach ein Edelmann, betritt die Straße und sein Auge wird sofort von einer spazierenden Dame in den Bann gezogen, besonders von ihrer unteren Partie. Er folgt ihr und die beiden schließen eine Bekanntschaft, die mit der Romanze unterm Soho-Mond von London beginnt. Das Dumme ist nur: die Dame ist die Tochter vom Bettlerkönig der Stadt und Maceath das Oberhaupt einer Kriminellenbande. Der "Captain", wie der Gangsterboss genannt wird, organisiert ein rauschendes Fest, mit den VIPs der Gesellschaft, während Polly ein Brautkleid tragen darf. Sie wähnt sich schon im Hafen der Ehe, bestens ausgestattet, doch ihr Vater droht dem Polizeipräsidenten, die Geburtstagsfeier der Königin zu stören indem er seine Bettler aufmarschieren lässt, wenn Maceath nicht an den Galgen kommt. Inzwischen vergnügt sich der "Edelmann" in einschlägigen Etablissiments, von denen er freimütig zugibt, hier erst großgeworden zu sein, in den Armen der Seeräuber-Jenny, im Original gespielt von Lotte Lenya, der Frau von Kurt Weill.

Die Handlung des Dreigroschenfilms wird immer wieder unterbrochen durch Einsprüche des Filmproduzenten, dem die Handlung zu sehr verfremdet ist, dann zu sittenverderbt und schließlich zu gesellschaftskritisch. Erst kann sich Brecht noch durchsetzen, aber dann folgt der Eklat: Der Autor verklagt die Filmgesellschaft wegen Mißachtung seiner Regieanweisungen und es kommt zum Prozess. Daß Brecht seine Niederlage bereits einkalkuliert, gehört zur Inszenierung der Wirklichkeit. Vor den Augen des verhandelnden Richters geht der Film weiter: Durch Verrat seiner leichten Damen kommt Maceath ins Gefängnis, sehr zum Bedauern seines Freundes, des Polizeipräsidenten, den er keines Blickes würdigt. Währenddessen hat Peachum, der mit professioneller Bettlerei ein großes Unternehmen geschaffen hat, aus Mitleid ein echten Krüppel angestellt. Dieser wirkliche Elende wird zum Problem für beide, für den Geschäftemacher wie für die Obrigkeit. Was ist, wenn die Elenden unter den Brücken aufstehen und in die Bank- und Regierungspaläste strömen? Dann werden sie ein paar Polizisten nicht aufhalten können. Maceath wird durch die Königin begnadigt und mit "Schwiegervaters" Geld kauft Polly ein Geldinstitut, sodaß der "ehrenwerte Kriminelle" nun Chef eines Bankhauses ist. Die Szene wechselt in die Moderne: in London schießen die Bankentürme in den Himmel und aus Mackies plumpen Ganoven werden Aktenkofferträger mit Zwirn und Schlips. So wie Brecht kurz zuvor in einer Aufführung der "Heiligen Johanna der Schlachthöfe" die gesellschaftliche Waage erläutert hat, wird Maceath - in der Oberschicht angekommen - nun erklären: "Es gibt die guten Reichen. Also muss es auch die guten Armen geben!" Nur sagt Brecht: Die guten Armen werden immer unten sein ...




Achtsam durchs Leben gehen

28. Jan. 2018: Heute sind's drei Tage vor Monatsende und ich ernähre mich nur noch von Pfennigresten im Portemonnaie. Das Leben wird immer teurer. Die Butter, das Bier, der Tabak. Während andere ihr dreizehntes Monatsgehalt für den Skiurlaub verplanen, überlege ich, ob ich meine Altersvorsorge nicht gleich zum Bestattungshaus bringe. Da kann mein Geld dann wenigstens arbeiten! Bücherläden sind für mich mittlerweile zu no-go-areas geworden. Mal ist es was Geschichtliches, mal was Philosophischen, mal was mit Fotos - immer rufen die Schmöker mit Sirenenstimmen "Nimm mich mit! Nimm mich mit!" Und ich mit meinem schwachen Willen kann nicht wiederstehen ... so kommt es zur gähnenden Leere am Monatsende [siehe oben].

Die Schränke sind auch schon alle voll. Und nicht nur mit Büchern. Ordner über Ordner. Schule, Studium, Ausbildung, Job-Projekte. Kann man das nicht alles einfach mal wegschmeißen? Oh, nein! Die Heiligtümer der Biografie - die Leidensgeschichten auf Schwarz und Weiß, auf Blau und Beige. Und immer kommt neues hinzu: Neue Pamphlete, neue Ausdrucke, neue Ergüsse über Gott und die Welt. Und dann noch die Zeitungsartikel! Sorgfältig ausgeschnitte Fotos von TB, relevante Analysen von SK und Unverzichtbares von VP. Ich hätte Archivar werden sollen! Doch die provisorischen Klappordner verbeulen den ganzen Stapel im Regalfach. Wenn ich mal die Hufe hochlege, hat meine liebe Schwester allerhand zu tun. Aber in so eine Papiertonne passt ja eine ganze Menge rein. Und die Neffen werden andere Sorgen haben, als Onkels alte Texte zu lesen. Die Wohnung könnte auch mal eine Grundreinigung gebrauchen. Doch wie soll ich eine ukrainische Putzfrau bezahlen? Ich bekomme ja nicht mal selber Mindestlohn. Also mal ein bisschen fegen, hier und da etwas wischen, Staubmäuse aufsammeln ... Da kommt man schon ins Schwitzen! Aber wenn man mal geschafft hat, das Klo zu putzen, fühlt sich das Leben gleich wieder beschwingter an und ein angenehmer Stolz erfüllt die Brust. Man könnte jetzt sogar Besuch empfangen! Man müsste auch auf eine gute Ernährung achten. Nicht immer nur Laugenstangen oder eine schnelle Bockwurst! Doch Kochen ist auch nicht jedermanns Sache. Bei drei Töpfen auf dem Herd verliert man schnell den Überblick. Wo muss ich jetzt rühren? Ist das schon gar? Und da kocht es gleich über! Das ist Hochleistungsmultitasking. Damit wären sogar Supercomputer überfordert. Aber nicht meine 80-jährige Nachbarin! Wenn sie Kartoffelpuffer macht, riecht man es schon drei Aufgänge weiter. Manchmal bekomme ich sogar einen ab ...

Vor dem Essen kommt das Einkaufen. Wenn man nicht über einen SUV-Panzer verfügt, in den man für die ganze Woche Lebensmittel einladen kann, muss man wohl oder übel jeden Tag zum Discounter wackeln, um sein Mineralwasser, seine Schorle und seinen Joghurt zu erbeuten. Das Brot vom Bäcker schmeckt aber besser als das Verpackte, also ist man dort auch fast jeden Tag. Zahnpasta und andere Dinge holt man vom Drogeriemarkt. Dorthin bringt einen der Bus, der immer gut gefüllt ist - wegen der Auslastung. Mit dem Einkaufen, dem Nicht-Kochen, dem Wäsche-waschen, dem Nicht-putzen, dem Bücherlesen, dem Artikel-ausschneiden und dem Bus fahren ist man doch den ganzen Tag ausgelastet, so dass man sich wundert: Und schon wird's wieder dunkel! Die Krähen draußen haben von alledem auch nichts gemacht und sammeln sich zum Schlafengehen. Ich lasse den Fernseher aus, setze mich aufs Sofa, in der Hand den letzten Schmöker von Anselm Grün, der lautet "Versäume nicht dein Leben". Genau die richtige Lektüre!




Deine Heimatzeitung

22. Aug. 2017: Schlägt man die Lokalzeitung auf, erfährt man viel Interessantes: zum Beispiel, daß Frau Bailleu sich bei der Neueröffnung des philipps-Marktes in Eberswalde günstig mit Pflanzentöpfen zum Schnäppchenpreis eingedeckt hat, oder daß der Eberswalder Stadtkämmerer Nachschub für die Stimmtaler bestellt hat, mit denen man beim Burgerbudget im September abstimmen kann.

Aber sind das wirklich die wichtigen Themen der Berichterstattung? Schaut man sich etwas näher die prisma-Beilage an, die in Düsseldorf produziert und in Mönchengladbach gedruckt wird und die mit einer Auflage von 3.570.763 Exemplaren sich jenseits der Vorstellungskraft von Lokalredaktionen bewegt, wird man auf die dringenden Fragen des Lebens gestoßen: "Immer noch urlaubsreif?" fragt die Titelzeile und das Heft bietet Linderung mit einer Busrundreise durch Irland, einem 8-Tage-Urlaub auf Ischia (mit einem Abstecher nach Capri), mit einer Großen Donau-Flußkreuzfahrt ab 1699,- und einem 50-EUR-Gutschein von Berge & Meer. Für den kleinen Geldbeutel kann man schließlich günstig nach Oberhof und Harrachov ab 69,- verreisen, nur um am Schluß nachmal richtig zu klotzen: mit einer Ostseekreuzfahrt unter panamaischer Flagge nach St. Petersburg, Helsinki, Stockholm und Kopenhagen für schlappe 990,- Warum nicht? Das letzte Hemd hat keine Taschen ...

Aber die wirklich wichtigen Dinge kommen erst noch. Nein, ich meine nicht die eingelegte Werbebeilage mit tausenden Schuhen für den weiblichen Schuhschrank; um gerecht zu bleiben, es waren nur 173 Schuhe abgebildet, hübsch drappiert und in Pose. Die wirklichen Fragen, die Schwergewichte der journalistischen Vermittlung durch das ganze Heft von vorne bis hinten, kommen nun. Es ist die Gesundheit: auf Seite 5 erfahren wir, daß ZACLOPELLI stark gegen Nagelpilz ist. Langersehnte Hilfe bei Potenzproblemen bekommen wir auf Seite 8 mit NERDIUM. Eine Seite darauf kann ARTHRONUS uns bei Rücken- und Gelenksschmerzen helfen, und auf der folgenden Doppelseite geht es ans Eingemachte: Blähbauch? Verstopfung? Durchfall? - Jetzt gibt es Hoffnung mit KILOMALIN (rezeptfrei).

Der Blähbauch ist auf Seite 17 schon wieder Thema: Neun von zehn Frauen sind betroffen, deshalb: Mit GASTROLIPO kommt die Fettverdauung in Schwung und landet nicht auf Hüfte, Bauch und Po! Auf Seite 19 wird es ernst: Stinkende Schuhe, Fußgeruch und Fußpilz. Achtung, beim ersten Anzeichen das empfohlene MYKO-SENN-Spray verwenden! Damit ihr Dackel sich nicht an den Hausschuhen aufgeilt ... Eins kann natürlich nicht fehlen: SIFFTA, der Treppenlift - "passt fast auf jede Treppe", rufen Sie gebührenfrei an! Vier Seiten später, auf 45, kommt noch ein Treppenlifter, genannt PO, mit einem nachgeahmtem Testsiegel: 1,9 (gut) für SERVICE, mit 30-Tage-Geld-zurück-und-Glücklich-Garantie. Auf Seite 47 wird noch einmal eindringlich gewarnt: Beim ersten Anzeichen von Nagelpilz unbedingt EXCERAN aus Ismaning aus der Apotheke holen, es ist in Sekunden wirksam, pardon: anwendbar.

Mit dieser umfassenden Gesundheitsaufklärung hat sich die Lektüre der Heimatzeitung mehr als bezahlt gemacht. Da überlegt man sich gleich, ob man nicht das angebotene Jahres-Abo annimmt, um jederzeit informiert zu sein. Leider hat die Marketing-Abteilung den Preis vergessen und verweist aufs Impressum. Aha, monatlich 31,70 EUR macht im Jahr 380 EUR. Damit könnte man auch 365 Tage umsonst mit dem Obus fahren, das wäre also zu überlegen. Vielleicht hilft ja noch einmal der Blick ins "prisma" und ins Horoskop auf der vorletzten Seite. Dort steht unmißverständlich: Ihre Kräfte sollten Sie unbedingt für wichtige Ziele einsetzen ...

Deswegen ist nun Schluß!




"Verehrter Herr Vorsitzender ..."

29. Juni 2017: So beginnt der Stadtverordnete des Wahlkreises Finow und Brandenburgisches Viertel, Carsten Zinn, die meisten seiner Anfragen an die Rathausspitze. Diesmal geht es um den vom Bürgermeister Friedhelm Boginski verkündeten Mieterhöhungsstopp für 2017. Den hat das Stadtoberhaupt, nach öffentlichen Diskussionen zur Mietproblematik, mit der Führung der WHG ausgehandelt. Der Stadtverordnete Zinn möchte gerne wissen, ob dieser Stopp schon ab 1.7. dieses Jahres gelte. Den Mietern angekündigte Mieterhöhungen - zum Teil auch ab dem 1.7. - werden vollzogen, so der Bürgermeister.

Ein anderes Problem ist der Finowkanal: Die Verhandlungen mit dem Bund und dem Land verlaufen sehr schleppend. Das Verkehrsministerium bestehe auf seiner Position, dass ohne eine Beteiligung der Kommunen die Motorschiffahrt auf dem Finowkanal eingestellt werde. Bezüglich finanzieller Beteiligung sendeten die kleineren Anrainer-Kommunen aber keine positiven Signale. Was das für den Schleusenbetrieb bedeute, will der Abgeordnete Johannes Creutziger, wenn nur noch muskelkraftbetriebene Boote auf dem Kanal unterwegs wären. Der Bürgermeister dazu: "Die Schleusen würden geschlossen." Außerdem setze sich die Stadt Eberswalde massiv für die Barnimer Waldstadt als Verwaltungssitz eines eventuellen Großkreises Barnim-Uckermark ein, so Boginski. Seine Fachkraft in Bau- und Umweltfragen, Anne Fellner, kommt in dieser 31. Sitzung der Stadtverordnetenversammlung der laufenden Wahlperiode ebenfalls ausführlich zu Wort: Einmal geht es um von Misteln befallene Ebereschen, ein anderes Mal um den Weg am Herthateich hinter dem Zoo, der durch die Aktivität von Bibern nicht mehr verkehrssicher ist. Der Weg sei vernässt und Baumstämme lägen quer. Auf Anfrage, diesmal von Conrad Morgenroth, den Weg freizuräumen, erklärt die Baudezernentin, der Anteil von Totholz im Wald müsse erhöht werden, da wolle man den Biber auch nicht stören und den Weg etwas oberhalb der Problemstelle neu entlang führen. In der kalten Jahreszeit werde man diese Arbeiten durchführen. Der Abgeordnete Viktor Jede meldet sich zu Wort: Viele der Bewohner der Eberswalder Straße, die früher mit dem 910-er Bus zum Werbellinsee fahren konnten (Haltestelle Forsthaus), müssen nun den langen Umweg via Schönholzer Straße in Kauf nehmen. Die Dezernentin versprach Abhilfe.

Und ein weiteres Problem, so Jede, seien viele durch die intensiven Regenfälle der letzten Stunden vollgelaufenen Keller in Finow. Wie das zusammenpasse mit dem großzügigen Ausbau der Kanalisation, für die der Bürger ja bekanntlich ordentlich zahlen muss. Anne Fellner kontert einfach, Informationen zu überfluteten Finower Kellern seien ihr nicht zugetragen worden. Die Baudezernentin, mindestens ein Kopf größer als der Vorsitzende, und mit dem dreifachen Selbstbewußsein, ist nicht so leicht aus der Fassung zu bringen. Mit fester Stimme setzt sie den quengelnden Abgeordneten ihre Grenzen. Der Einzige in der Stadtverordnetenversammlung, der es an Statur und Präsenz mit ihr aufnehmen kann, ist der oben erwähnte Abgeordnete Zinn. Diesmal geht es um die Anfrage der SPD-Fraktion, eventuell eine Jugenddisco einzurichten. Carsten Zinn lässt sich von den Aussagen der Verwaltung nicht beeindrucken, es gebe keine Interessenten dafür, und für die Stadt als Betreiber sei das ein Minusgeschäft; er besteht konsequent darauf, das Thema Jugenddisco nocheinmal in den betreffenden Ausschüssen zu diskutieren. "Ich bitte darum, das ins Protokoll aufzunehmen!"

Petra Stibane, die Sozialdezernentin, ist aus ganz anderem Holz geschnitzt als ihre Kollegin. Mit klarer freundlicher Stimme informiert sie über die 121 Vorschläge zum Bürgerbudget, dessen Einreichungsfrist nun ablaufe. Außerdem informiert sie über die Sicherheitspartnerschaft mit der Polizei, die schon seit 20 Jahren existiert, bei der speziell ausgebildete Bürger in ihrem Umfeld und Alltagsleben auf Recht und Ordnung achten. Natürlich ohne das Tragen einer Waffe. Frau Stibane nimmt man es glaubhaft ab, dass sie sich in einer dienenden Position gegenüber dem Stadtparlament sieht. Der Abgeordnete Zinn, der das Privileg genießt, als Fraktionsvorsitzender ein zuschaltbares Mikrofon auf seinem Tisch zu haben, meldet sich wieder zu Wort: Er bitte darum, dass die PDF-Vorlage zur Sicherheitspartnerschaft in einem großen E-Mail-Verteiler an alle Abgeordneten versandt werde. Und wieviele Personen denn in dieser Angelegenheit tätig sind, will er wissen. Die Antwort der Sozialdezernentin: drei Eberswalder Bürger kümmern sich (ehrenamtlich - d.Red.) um die Sicherheit in der Stadt.

Weitere Anfragen gab es von Götz Trieloff (FDP) zu der Anzahl der auf einen Kitaplatz wartenden Kinder, von Ingo Wrase (SPD) zu der tatsächlichen Gehaltshöhe des fristlos entlassenen Dezernenten Gatzlaff und von Lutz Landmann (ebenfalls SPD) zu der Frage, gerichtet an Anne Fellner, warum die Stadtverordneten erst im Juni über die Nachtragskosten bei der Sanierung der Borsighalle informiert wurden, obwohl schon im April die zu den Mehrkosten führenden Erdarbeiten abgeschlossen waren. Die Baudezernentin gelobte Besserung.

Der Vorsitzende wurde gebeten, die Sitzung für eine Pause zu unterbrechen. Doch Volker Passoke (DIE LINKE), Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung Eberswalde, vergleichbar mit der Position des Norbert Lammert im Deutschen Bundestag, also mit der Funktion des Versammlungsleiters und Moderators, lehnte ab mit dem Hinweis, das wäre noch zu früh und ging in der Tagesordnung zur Abstimmung der Beschlußvorlagen über. Doch damit, lieber Leser, wollen wir Sie nicht langweilen ...




Neues aus der Provinz

4. Juni 2017: Ein Besuch in der Eberswalder Stadtbibliothek, die kürzlich ihr 70. Jubiläum feierte, ist immer ein kulturelles Erlebnis. Ein immenser Schatz an Büchern, Zeitschriften, CDs und Videos erwartet den aufnahmebereiten Besucher. Hier kann man mit Muße die Tageszeitung studieren und zwar kostenlos! Ja, man könnte, wenn nicht diese vertrackten Öffnungszeiten wären. Wie oft hört man Besucher klagen, daß sie am Vormittag ein Buch abgeben wollten - aber, es war geschlossen. Sie klagen zwar über sich und ihre Schusseligkeit, sich die Zeiten zu merken; aber in Wirklichkeit scheitern sie an steinzeitlichen provinziellen Öffnungszeiten, die an Besucherunfreundlichkeit kaum zu überbieten sind.

Im Vergleich mit anderen Städten der Region landet Eberswalde auf dem letzten Platz. Die meisten Bibliotheken öffnen standardmäßig um 10 Uhr, und in der Wochensumme sind sie mit durchschnittlich 32 Stunden deutlich besser als die Barnimer Waldstadt mit gerade mal 28 Stunden. An den Eberswalder Bürgern liegt es mit Sicherheit nicht. Durch den Umzug der Eberswalder Bibliothek in das neu sanierte Bürgerbildungszentrum wurde offenbar nicht nur der Bestand an Büchern verkleinert - man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß auch viele Mitarbeiter gehen mussten. Zwar wurde das begründet mit dem neuen Ausleiheverfahren per Chipkarte, aber besser wäre es gewesen, die erfahrenen Kolleginnen für eine Erweiterung der Öffnungszeiten einzusetzen. So ist Eberswalde auf dem Gebiet der Bürgerbildung tiefste Provinz in der Provinz. Man darf eben nicht vergessen: Das kulturelle Aushängeschild einer Stadt wie Eberswalde ist und bleibt die Bibliothek, zumal sie jetzt in einem so repräsentativen Gebäude untergebracht ist wie dem Bürgerbildungszentrum "Amadeu Antonio". Wie lange schläft Eberswalde noch seinen Dornröschenschlaf?




Die Verdummung der Welt

10. Juli 2016: Wann haben Sie das letzte Mal ein Buch gelesen, oder eine Zeitung? Nein, ich meine nicht die mit den großen Buchstaben für Sehbehinderte, sondern eine richtige Zeitung. Eine, deren Obzession es nicht ist, einen tragischen Unglücksfall wieder und wieder hochzuwürgen. Eine Zeitung, bei der man das Gefühl hat, selber denken zu dürfen und bei der kein vorgekautes Klischeebild nach dem anderen serviert wird. Gott sei Dank gibt es noch solche Zeitungen!

Und Gott sei Dank gibt es noch das Internet! Auch wenn man meinen möge, es sei unter der Masse von Facebook-, Twitter- und Whats-App-Meldungen verschwunden. So leicht es mir fällt, im privaten, auf diese genannten Zeitkiller zu verzichten, so kann ich es doch nicht in dieser Betrachtung. Sie sind mittlerweile too-big-to-ignore.

Früher schrieb man sich persönlich E-Mails, mit einem Betreff und wohlformulierten und -durchdachten Worten. Auf keinen Fall wollte man den anderen verletzten, denn gerade in der nonvisuellen Kommunikation passieren schnell Mißverständnisse. Heutzutage postet man einfach seine täglichen Ergüsse auf dem »sozialen Netzwerk«, und schwuppdiwupps, erhalten sofort sämtliche vierhundertdreiunddreißig Freunde darüber Meldung. Man freut sich über ein paar Likes, und wenn es hoch kommt, läßt sich jemand zu einem Kommentar herab.

Die meisten Likes lassen sich durch niedliche Katzenvideos erzielen; aber auch Hundewelpen, Mäuse, Ratten und fliegende Omas erzielen hohe Aufmerksamkeitseffekte. Für die Mädchen gibt es die neuesten Schminktipps und für die Jungen eine Videoanleitung, mit welchem Trick man am Monster der Unterwelt vorbeigelangt. Nebenbei erfährt Facebook, für welche Musik, für welche Filme, für welche Nachrichten, für welche Werbung und für welches Geschlecht sich der Nutzer interessiert. Das wird sorgsam in riesigen Datenbanken in Kalifornien (USA) gespeichert und repräsentiert den eigentlichen Wert des Unternehmens.

Doch es gibt noch eine Welt jenseits von Facebook, ja sogar jenseits von Google. Hat man schon vergessen, daß sich im Browser Lesezeichen anlegen lassen, mit denen man seine Lieblingsseiten sammeln, ordnen und aufrufen kann, ohne daß es irgendein Internetkonzern mitbekommt? Die unendliche Fülle des Netzes ist für einen einzelnen Menschen sowieso zu groß. Man muss sich konzentrieren, und beschränken! Nur durch Reduktion erhält man seine Freiheit zurück. Das gilt für das Internet, wie auch für das richtige Leben.

Man könnte recherchieren, warum sich die Große Koalition ausgerechnet immer an Sonntagabenden zu wichtigen Konsultationen traf, während man die Woche über nichts vom Kanzleramt hörte. Wenn man Zeitung läse, könnte man erfahren, daß sich zu jedem Zeitpunkt ca. 900.000 Menschen in der Luft, über den Ozeanen und Kontinenten in Flugzeugen befinden - das sind umrechnet ca. 9.700 Bundesbürger. Wenn man ein Buch lesen würde, vielleicht sogar eins aus dem vorvorherigen Jahrhundert, könnte man in eine andere Welt, in andere Gedanken und Weltbetrachtungen eintauchen, und eine menschliche und moralische Größe erfahren, hinter der Katzenvideos und Twitter-Accounts nur als banaler Kinderkram erscheinen.

Und doch: Sei die Zeitung noch so seriös, sei das Buch noch so lesenswert, der beste Moment ist der, wenn man das Buch zuklappt und sagt: »Geschafft!«. Der Moment, wenn man ein halbes Kilo durchgearbeitetes Zeitungspapier zusammenknüllt und zum Altpapier gibt. Weg damit! Weiche von mir! Mit der Trennung gibt man sich die Freiheit wieder - und das sollte man auch gerade beim Internet bedenken, dem unendlichen Schlund der Menschheit ...




Der Virus - dein Freund und Helfer

15. März 2015: Hat jemand dieses Jahr noch keine Erkältung gehabt? Wieso meldet sich niemand? Die Influenza-Saison war offenbar dieses Jahr ein voller Erfolg! Für die kleinen Biester, die bisher nur wenige Menschen, millionenfach vergrößert, bei lebendigem Leibe sehen konnten: die Erkältungsviren! Es soll an die 300 unterschiedliche Arten von ihnen geben, und vermutlich kaum ein Mensch kann sich glücklich(?) schätzen, mit allen schon Bekannschaft gemacht zu haben.

Erst fühlt sich der Hals unwohl an, dann tut einem alles weh, daß man nicht schlafen kann oder kaum aus dem Bett kommt; am nächsten Tag beginnt die Nase zu laufen und steigert sich dann in tagelangen Schneuzorgien, die am Schluss mit einem wochenlangen Husten gekrönt werden. Warum muss man nur so leiden? Und nichts hilft dagegen wirklich. Außer Isolation. Damit unsere Mitmenschen nicht angesteckt werden. Aber selbst das bekommen wir nicht hin. Irgendwo muss man sich schließlich im Bus festhalten; selbiges zu vermeiden grenzt in Eberswalde an Selbstmord. Und wenn man noch gesund ist? Man kann kann ja nicht alles vorher mit Desinfektionstüchern abwischen, bevor man es anfässt. Man muss sehenden Auges ins Messer laufen und hoffen, dass es nur ein Buttermesser ist. Man rotzt und schnieft ... dann mal einen Tag nicht; und schon hat man alles vergessen, als man seine alte Bekannte wieder trifft und ihr herzlich die Hand schüttelt. Oder sogar ein Küßchen?!

Das Ganze hat System und ist fester Bestandteil der Evolution. Des Menschen Erbsubstanz, die Krone der Schöpfung, besteht zu einem Großteil aus Virus-DNA. Das, was mit mit uns während einer Erkältung passiert, ist kein sinnloses Leiden! Wir sind hustende und spuckende Schleimproduzenten, damit sich die Viren optimal verbreiten können. Wir sind nur Wirtstiere, Werkzeuge einer höheren Macht. Wir können zwar an unser Aktiendepot denken oder an die Weltrevolution; aber unser eigentlicher Lebenszweck ist womöglich die maximale Virusproduktion und-verbreitung. Selbst unsere intimsten Gefühle haben sich wahrscheinlich nur die Viren ausgedacht, damit man, oft nicht ganz bei Verstand, die nächstbeste Dame begattet, auf daß neue Rotz- und Schleimproduzenten das Licht dieser Welt erblicken! Raffinierter geht es nicht mehr. Unseren Mitgeschöpfen in der Tierwelt ergeht es nicht besser: mit Katzenschnupfen, mit Vogelgrippe, mit Staupe und mit wer weiß wievielen hoch ansteckenden Geschichten. Die Welt ist voll von Viren.

Unser Schöpfer, das ist wahrscheinlich kein weißbärtiger Herr im Himmel, sondern das sind die winzigen Elementarteilchen der Evolution - die Viren; sie benutzen uns wie einen Automaten - sie brauchen nur eine rote Taste zu drücken und schon geht es los ... auf daß neuer, hochansteckender, Schleim produziert wird. Wir haben keine Chance aus diesem Ding auszusteigen. Unsere Schöpfer sitzen am längeren Hebel. Sie sind in der Überzahl. Sie haben uns programmiert. Sie wissen über uns Bescheid. Unsere Aufgabe heißt: Rotz oder stirb!




Der Lauf der Natur

24. Jan. 2014: Am Anfang hält das Baby die Mutterbrust fest umschlungen. Es ist sein Ein und Alles. Seine Wärme- und Nahrungsquelle. Doch bald geht das Kindchen eigene Wege, und hält schon mal das Händchen von genetisch fremden Personen, ob es der Mutter nun passt oder nicht. Ist das Kind erwachsen, nähert es sich wieder bestimmten Körperteilen [siehe oben] oder, wenn das nicht klappt, greift es einfach gleich wieder zur Flasche. Manchmal ist die Welt nur im Suff zu ertragen.

Wie sähe sie aus, unsere Welt, wenn man einfach der Natur ihren Lauf nehmen ließe? Würden wir noch im Urwald hausen und uns gegenseitig durchvögeln, wie die Bonobos? Oder wären wir, wenn uns nicht Hunger und Durst dazwischen kämen, beziehungsgestörte Internetjunkies, die von E-Mails, Blogs und Twitter leben, nachdem sie tagsüber im Büro krampfhaft irgendwelche Zahlenkolonnen umsortiert haben. Der Mensch sucht immer das, was er nicht hat. Und hat er es dann, ist er/sie auch nicht zufrieden. Die Welt ist schlecht!

Die Natur sollte uns Vorbild an Gelassenheit und Ausdauer sein! Ewig rauschen die Wälder, in Brandenburg oder am Amazonas ... wenn nicht bezahlte Holzfäller-Kolonnen anrücken, die irgendwie in den CO2-Handel verstrickt sind. Am Amazonas sind es noch ursprüngliche Wälder, die in Ackerwüsten verwandelt werden. Einmal zerstört, kann sich der Regenwald nicht wieder aufbauen. Jedenfalls nicht in unseren Zeitmaßstäben. In unseren heimatlichen Urwäldern soll die Kiefer dominiert haben, habe ich vor zwei Jahren in einer Studie gelesen. Die allerneueste Studie sagt nun: Nein, die Eiche ist eigentlich der natürlich dominierende Baum der Mark. Was denn nun? Sicher kommt bald die nächste Studie heraus, die besagt, daß in unseren blühenden Landschaften bald nur noch die Birken grünen werden. Wie sagt der Förster so schön? Die Birke ist das Unkraut des Waldes. Ich finde, die Birke ist ein sehr schöner Baum! Und sie wird offenbar vom Wild nicht so angenagt, wie Eiche und Buche. Die muss man nämlich in Gehegen schützen, damit sie überhaupt groß und stark werden.

Auch Kinder müssen in einem geschützten Raum groß werden. Es sind dies: die Familie, der Kindergarten und die Schule. Später sind es dann der Hörsaal, das Großraumbüro und die Seniorenkantine. Wir brauchen alle Schutz! Und daß Kinder in der Schule in einem geschützten Raum aufwachsen, ist wohl das größte Ammenmärchen dieser Epoche. Die Welt ist grausam! Und auf dem Schulhof lernt man für das Leben!

Vielleicht wären wir hier in der Mark unter natürlichen Bedingungen alle einfach nur Bauern, die für den eigenen Bedarf hüten und schlachten, sähen und ernten, und nur ein paar Händler würden von Dorf zu Dorf ziehen, um das neueste I-Phone zu präsentieren. Und das interessanteste Gesprächsthema unter den Dorfbewohnern wäre, wie jede Woche: "Bauer sucht Frau!" Das ist der Lauf der Natur.




Geschichte und Zukunft

15. Febr. 2013: Es war einmal ein Land, in dem sollten Milch und Honig fließen. Und jeder durfte werden, was er wollte. Wenn er denn drei Jahre zur Armee ging. Und man konnte die schönsten Urlaube machen. Nur nicht in Thailand und Spanien. Und man konnte alles sagen, was einen bewegte. Nur nicht in der Öffentlichkeit.

Heute ist dieses Land fast vergessen. Unsere Kinder wissen fast nichts darüber. Und unsere alten Geschichten wollen sie nicht mehr hören. Der offizielle Sprachgebrauch heißt: "Diktatur". Ein schlechtes Land, ein böses Land, in dem graue Einheitsgestalten durch graue verfallene Häuserschluchten zogen bzw. in ihren stinkenden Pappautos umherfuhren. Und die Kommunen ließen die Altbauten verfallen und errichteten riesige Trabantenstädte aus Betonplatten. Gruselgeschichten für unsere westdeutschen Brüder und Schwestern.

Es ist richtig: Man durfte nicht alles sagen, was man gerne wollte. Es gab auch einen offiziellen Sprachgebrauch. Der nannte sich Ideologie. Und der Hüter der Gesellschaft war die Partei. Es gab zwar mehrere davon, aber die eine Partei hatte immer Recht. Eine große Runde grauer Herren aus Politik, Wirtschaft und Militär. Sie hatten die Macht und nannten es Herrschaft der Arbeiterklasse.

Und heutzutage? Wer hat heute die Macht? Die Kanzlerin und ihr Klüngelclub? Der Bundestag? Das Volk? Ohne Zweifel sind Wahlen heutzutage interessanter. Man kann hier oder da ein Kreuzchen machen. Die Regierungen spielen "Bäumchen wechsele dich" und der Gegner sitzt immer auf der gegenüberliegenden Parlamentsbank. Der Sprachgebrauch für den politischen Gegner ist um keinen Deut harmloser als die Wortgefechte des Kalten Krieges damals zwischen Ost und West. Da wird gehetzt, getäuscht, getrickst und geheuchelt mit dem Willen zur totalen Vernichtung.

Die DDR wurde total vernichtet: Die Wirtschaft, die Arbeitsplätze, die Lebenslinien, die Lebensleistung der Menschen und die Hoffnung auf eine echte Revolution. Stattdessen ein bürokratischer "Anschluss". Bürokratie statt Demokratie. Eine Währungsreform mit fatalen Folgen. Und keine Aussöhnung unter Brüdern, sondern kleinliches Aktengeschnüffel in längst vergilbten Papieren.

Interessierts heute noch jemanden? Die Jugend wohl kaum. Der eigene Facebook-Auftritt ist viel wichtiger. Was sagen die Freunde zum neuen Posting? Bekomme ich ein paar "Gefällt mir's"? Schenken mir die Eltern das neueste Smartphone? Und später: Zensuren, Abitur, Studium und Karriere. Für die Karriere braucht man auch einen Verhaltenskodex. Man darf auch nicht alles sagen. Sonst ist man schnell draußen - mit einem "vielsagenden" Zeugnis in der Tasche. Beim Job ist keine Demokratie gefragt.

Und Kinder? Wo liest man eine Stellenanzeige, in der es heißt: "Junge Mütter bevorzugt"? Gibt der Chef ausreichend Freizeit, und der Staat ausreichend Geld für die Familien? Müssen die Frauen erst Karriere machen, um dann mit Mitte 30 ihr erstes Kind zu bekommen? Unsere Gesellschaft, unsere Ökonomie, verwandelt Deutschland in ein aussterbendes Land, in dem das Geschacher um einen Cent mehr wert ist als ein gutes Leben in Geselligkeit und Genügsamkeit.




Jetzt schlägts Dreizehn!

3. Jan. 2013: Im Neuen Jahr bin ich aufgewacht: um 13.33 Uhr! Das musste etwas bedeuten ... Nun gut, jetzt haben wir also 2013. Aber ist das alles? Wenn ein Jahr dreizehn Monde hat, gibt es einen "Blue Moon". Die Zimmernummer 13 findet man in keinem Hotel, ja es soll sogar Hochhäuser geben, die kein dreizehntes Stockwerk haben. Manche Leute halten auch Freitag, den 13. für einen Unglückstag. Dieses Jahr haben wir ihn im September und Dezember. Na ja, ist ja noch ein bisschen hin. Falls wieder die Welt untergehen sollte.

Dornröschen musste hundert Jahre lang schlafen, weil Mama und Papa vergessen hatten, die dreizehnte Fee einzuladen. Die Dreizehn ist also wichtig: Sie steht für das Dunkle und Unbewusste, das man nicht verdrängen und aussperren sollte. Es ist die nächtliche Geisterstunde, die diejenigen das Fürchten lehrt, die nachts in Eberswalde ausnahmsweise mit dem Bus fahren wollen.

Im Jahre 1513 entdeckt ein spanischer Konquistador Florida und hält es für eine Insel. Im Jahr 1613 brennt das erste Globe Theatre an der Themse nieder, in dem Shakespeares Stücke aufgeführt werden. Im Jahr 1713 drängen russische Truppen die Schwedische Armee im Großen Nordischen Krieg zurück und im Jahr 1813 wird mit dem Sieg in der Völkerschlacht bei Leipzig Napoleons Niederlage auf dem Kontinent eingeläutet. Vor 100 Jahren, 1913, wird die Unternehmensgruppe ALDI in Essen gegründet, Rabindranath Tagore bekommt den Nobelpreis für Literatur für seine wunderbare Dichtung und in der Messingwerksiedlung wird der Goldschatz von Eberswalde gefunden. Dort übrigens zu besichtigen.

War's das jetzt mit der Dreizehn? Beileibe nicht. Unsere Kinder und Jugendlichen, ja, sogar manche Erwachsene werden sich nicht mehr daran erinnern: Heute schreiben sie einfach 16225 Eberswalde oder 16227. Aber früher war es richtig prosaisch, in uralten Zeiten. Da schrieb man nämlich auf den Brief: 13 Eberswalde-Finow! Also, liebe Eberswalder: Das Jahr 2013 kann für uns nur ein Glücksjahr sein!




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